Wandern im Schilderwald

Mann, war das heute ein Tag.

Ich bin mal wieder um 4:00 Uhr früh aufgewacht, und habe bis Sonnenaufgang erfolglos versucht, doch noch Schlaf zu finden. Schließlich bin ich mit dem Licht aufgestanden, um weiter auszupacken. Das macht richtig Spaß, den Dingen, die alle einmal angestammte Plätze hatten, eine neue Heimat zuzuweisen. Und falls ich vom Problem der verschollenen Bettlaken schon einmal berichtet haben sollte: sie sind heute aufgetaucht. Aus einer Kiste mit der Aufschrift “Kitchenware – Wok”. Klar, wo sonst hätte man sie vermuten wollen. Also haben wir hurtig die Betten abgezogen, mit dem festen Vorsatz, heute Abend frisch geduscht in die neuen zu schlüpfen.

Weit gefehlt: kurz bevor wir losfahren wollten, mussten wir entdecken, dass die Garage mit kochend heißem Wasser geflutet war und offensichtlich der water heater nicht mehr so tut, wie er soll. Also haben wir erst mal gewischt und gefeudelt und Kartons ins Trockene geschafft

die "Bitte-nicht-noch-mehr-Wasser"-safety construction
die "Bitte-nicht-noch-mehr-Wasser"-safety construction

und den Aufbruch erst gewagt, als es die Gasflamme aus war und kein Tropfen heißes Wasser mehr im ganzen Haus.

Ziel: Half Moon Bay. Da war ich vor fast 20 Jahren schon mal und konnte mich an herrliche Strände erinnern. Shirley hat uns eine ausgesprochen schöne Strecke durch Hügel und Wälder ausgesucht, bei blauem Himmel und Sonnenschein – und respektablen Windböen.

Kurz vor dem Ziel haben wir dann kurzerhand beschlossen, dass wir erst noch ein wenig wandern wollen und sind den Chrystal Lake Trail langgegangen.

Und so “hiked” der Amerikaner: Zunächst trifft man auf mehrere Tafeln mit Regeln und Ge- und Verboten. Das gesamte Gelände ist eingezäunt und die Tore werden bei Dämmerung geschlossen, Rauchen und Alkohol sind strikt untersagt und auf dem asphaltierten Weg hat man rechts vom gelben Streifen zu gehen. Falls man das unterwegs vergessen sollte, gibts immer mal wieder Schilder, die wieder darauf hinweisen.

nicht rauchen, nicht trinken, und wandern nur rechts.
nicht rauchen, nicht trinken, und wandern nur rechts.
wenn man den Leuten nicht alles vorschreibt...
wenn man den Leuten nicht alles vorschreibt...
Keep Right!
Keep Right!

Es war dennoch ganz wunderschön, ein riesiger Stausee, schöne Wälder, alles schon ein wenig herbstlich verfärbt. Danach sind wir, wie vorgesehen, an den Pazifik gefahren. Auf der Serpentinenstrecke vom Berg hinab war ein ellenlanger Stau – wir sind nämlich kurz vor Halloween und im Tal liegen die Felder der Kürbis-Bauern. Was für ein Zirkus, mit Hüpfburgen und Pony-Reiten und kleinen Jahrmärkten rund rum – aber sooo schön leuchtend Orange, ich glaube, dem Durchschnittsholländer geht bei dem Anblick das Herz auf.

Pumpkin Shopping
Pumpkin Shopping
windzerzauste Zonnenblumen
windzerzauste Zonnenblumen
ganz schön stachelig, die Stengel
ganz schön stachelig, die Stengel
pumpkin pies in spe
pumpkin pies in spe

Bei gefühlter Windstärke 10 (dem Erfinder der Fleecejacke sei hiermit großer Dank ausgesprochen, man kann sie nämlich auch gut doppelt übereinander tragen) haben wir unten am Pazifik einen herrlichen Sonnenuntergang erlebt.

die Kalifornier tragen T-Shirts, Europäer erkennt man am Fleece
zuviel versprochen?
zuviel versprochen?

Im Anschluß an die Kür folgte das Pflichtprogramm: Ikea und Zeug kaufen. Das genieße ich sehr an USA, dass man abends um halb acht noch gemütlich zum Einkaufen gehen kann, das Personal präsent und hilfsbereit ist, keiner hetzt und man immer noch alle Zeit der Welt hat. (Ikea hat an 7 Tagen der Woche von 10:00am bis 09:00pm geöffnet.) Deswegen sind wir danach auch noch bei Whole Food’s einkaufen gegangen, einem Laden mit ausschließlich “organic” Lebensmitteln und haben die Zutaten für Tonis morgiges Wunschessen gekauft: Schweinebraten mit Semmelknödeln und Thüringer Rotkraut. Da haben sie  allerdings doch um 22:00 Uhr darauf hingewiesen, dass sie demnächst mal schließen wollen. Was ich nun wieder nicht mag an Amerika ist, dass man nach dem Einkaufen um 22:00 Uhr nirgends mehr essen gehen kann. So spät noch ist das hier einfach nicht üblich. Schade, ist aber so. Zum Glück hatten wir Pizza im Tiefkühlfach.

Nun bin ich seit über 23 Stunden auf den Beinen und rechtschaffen müde.

Das Wasser für die abendliche Katzenwäsche ist gekocht, bevor ich nicht einen Reparaturmenschen im Hause hatte, wirds wohl auch nicht mehr Warmwasser geben, als man zum Zähneputzen und Waschlappen anfeuchten mal schnell im Kessel erhitzen kann. Ich muss ins Bett. Good night old Europe.

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