Potrero Hill

… ist, wie jedes Stadtviertel in San Francisco, was ganz besonderes. Nicht nur, weil unser Büro da liegt. Nein, auch weil wir (steile Hanglage, Süden) die meisten Sonnenstunden in der Stadt haben. Und am wenigsten erdbebengefährdet sind, weil der Boden richtiger Felsen ist.

Außerdem sind jede Menge schräge Vögel unterwegs, und so langsam kennt man einander. Da gibt es den Stadtstreicher mit der Katze, der auf seinem Einkaufswagen neben seinem Hausstand einen Kratzbaum und ein Katzenklo mitführt. Den alten Herrn, der jeden Morgen bei Krystie in aller Seelenruhe die Speisekarte durchliest, um dann in wohlgesetzten Worten wie an jedem Tag einen Kaffee zu bestellen, “hot and black, my dear”. Allan, der sich mit Handlangerdiensten (für Robert Autos waschen, in Krysties Café morgens Tische und Stühle auf die Straße räumen und dergleichen) seinen Lebensunterhalt verdient und mit dem ich jeden Montagmorgen über die am Wochenende jeweils gelesenen Bücher diskutiere. Er liest sich zur Zeit durch Kriegsromane und wir sind uns noch nicht einig, ob “Wem die Stunde schlägt” wirklich hohe Literatur ist. Dann gibt es noch die alte japanische Dame, die immer am frühen Morgen, mit den Armen wie Windflügel schlagend und im Storchenschritt ihre Gymnastik macht. Oder die andere, die auf einem Wägelchen ihre Sauerstoffflasche nachzieht und Stöpsel in immer mal anderen Farben in der Nase trägt (heute pink). Wenn ein Rolltor zu einem der alten Fabrikgebäude hochgeht, kann man schnell einen Blick auf drei museumsreife, auf Hochglanz polierte alte Porsches erhaschen. Der Hausmeister von nebenan läßt jeden Morgen und Abend den Gehweg vor seinem Gebäude ordentlich vom Sprinkler beregnen, damit sich auch ja keiner zum Schlafen dort einrichtet. Vorhin kam mir ein Mann entgegen, der auf weit nach vorne gestreckten Armen einen frisch lackierten Goldengel von Antiquitätenhandel A nach B verbrachte.

Robert kennt alle, weiß über und für jeden was und grölt (auch schon mal über zwei Straßen) Grüße und Beleidigungen in die Welt. “Y’know what. I’m in charge here  – I got to keep an eye on the ‘hood.”

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