All we are saying…

Ich war gestern zum Labor-Day-BBQ eingeladen. “Ganz zwanglos, ein paar nette Leute, gutes Essen und  Brettspiele.” Also habe ich vormittags noch rasch einen kalifornischen Nudelsalat angerührt – wichtigster Bestandteil neben Nudeln sind viele Avocados (dank Sam hatte ich wieder Nachschub) und reichlich Tomaten (aus dem Garten von Carmens Vater – unsere Viktualientauschbörse ist ein sehr aktiver Handelsplatz). Ich kam ein bißchen zu spät und war erst einmal baß erstaunt, daß alle sich an diesem herrlichen sonnigen Nachmittag im Wohnzimmer aufhielten.

“Wanna join in? We’re fighting Cylons.” Der gesamte riesige Wohnzimmertisch ist ein galaktisches Schlachtfeld mit Battlestars, Cylon Raiders, Munition in Mengen, die die NRA verblüfft hätte, Rollen-, Ereignis-, Situationskarten und und und… Ach nö, laßt mal, ich schaue mich erst einmal um. Am nächsten Tisch: “Look over here – we’re matching shapes.” Es sieht aus, als hätte ein Rudel Psychologen einem Rudel Probanden komplizierte Rorschach-Test-Bilder vorgelegt und die laufende Diskussion scheint mir doch sehr ans Eingemachte zu gehen (“Leave him alone, you know that he has father issues…”), da will ich nicht mitspielen. Am dritten Tisch wird gerade “Forbidden Island” aufgebaut und eine sehr ernsthafte junge Frau erklärt mir, daß mir bewußt sein müsse, daß ich mich auf ein kooperatives Spiel einlasse, und Wettbewerb außen vor bleiben müsse. Das ist mir ganz lieb, ich habe ja eh keine Ahnung und Kooperation heißt doch bestimmt, daß mir die anderen dann helfen. Ein nettes Spiel, freundlich und harmlos – wir haben Schätze zu jagen und mit unserem Choppper rechtzeitig die Insel zu verlassen, bevor sie untergeht.

Während unserer zweiten Runde löst sich der Rorschach-Tisch auf (zwei von vier Spielern weinen, keine Ahnung, ob das als gutes oder schlechtes Resultat zu werten ist) und nach und nach umstehen alle den großen Tisch, wo die letzte Schlacht tobt. David, Commander der Battlestar Galactica, feuerrotes hüftlanges Haar, trägt – nicht ohne Selbstironie – ein T-Shirt (links), das um eine Chance für Geeks bittet. Jemand erzählt mir, David sei BSG*-Veteran und -Meister, das sei seine 150+xte Partie und er habe noch fast jede gewonnen. Moment a mal, let’s do the math: eine durchschnittliche Partie BSG dauert mindestens drei Stunden. 150×3 ergibt 450 Stunden. Ausgehend von einem 8-Stunden-Tag kommt man auf 56 Tage, also knapp zwei Monate, die der Mann am BSG-Brett verbracht hat. Und das auch nur, weil ihm irgendein anderes interstellares Kampfspiel (ich habe den Namen vergessen) nicht mehr genug Herausforderungen zu bieten hatte. Selbst wenn man dem Geek eine Chance geben wollen würde: der hat ja nie Zeit.

Der Gastgeber verschwindet ab und zu im Garten und bringt was Gegrilltes in die Stube, außer mir und einem anderen Raucher geht aber den ganzen Nachmittag keiner nach draußen. Hmmm. Interessante Erfahrung: so ist das also, wenn Nerds ein Grillfest machen. (Sowas habe ich bisher nur in “Big Bang Theory” und noch nie im richtigen Leben gesehen.)

*Es geht doch hierzulande nie ohne Abkürzungen: BSG steht für Battlestar Galactica.

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