Time flies

Die paar lächerlichen Resttage unserer San-Bruno-WG kann man inzwischen an einer Hand abzählen und braucht noch nicht einmal mehr alle Finger dazu. Grund genug also, daß Christoph und ich an unserem letzten gemeinsamen Wochenende noch einmal etwas extra besonders schönes unternehmen wollen. Es trifft sich hervorragend, daß ein sehr lieber Ex-Kollege* schon lange in seine “cabin in the woods” eingeladen hatte und mit uns der Meinung war, daß dieses Wochenende hervorragend paßt, weil es zwischen Schuljahresanfang und Labor Day liegt. (Einige amerikanische Schulbezirke haben inzwischen eingesehen, daß drei Monate Ferien dem Erinnerungsvermögen der Kinder nicht sehr zuträglich sind und die Sommerferien verkürzt. Die Blagen sind also aus den Füßen. Richtig voll wird es noch einmal am Labor Day Weekend, dem ersten Wochenende im September, an dem Amerikaner traditionell ihren letzten Sommerausflug machen. Und zwar alle, weil man auf den dicken Feiertagsstau und überfüllte Strände schon als ganz Kleines geprägt wird und vom Entzerren gar nichts hält).

Samstagfrüh werfen wir wieder das übliche in den Kofferraum (also das, was man so für eine Nacht außer Haus so braucht sowie eine Kiste Wasser, Picknick, Wanderstab, Kamerastativ und Hoodies) und brechen gen Osten auf, zum Bear Valley. Wir fahren durch dürres gelbes Land, (manche Weiden sind wenigstens mit schwarzen Kühen gesprenkelt), gelegentlich unterbrochen von dauerbewässerten Obstplantagen, dann aber wieder viele Meilen lang nur gelb und dürr und staubig trocken. Nur im Californa Delta gibt es noch Wasserläufe voll Wasser und nicht nur verdorrte Furchen, in denen nicht einmal mehr Moos wächst. Das Delta scheint überhaupt eine sehr spannende Gegend zu sein und mutet an wie ein Swamp in den Südstaaten (wird einstimmig auf die Liste “für das nächste Mal” aufgenommen). Über die Gewässer hat man Brücken gelegt, die aussehen, als hätten sie Riesenkinder aus ihren Riesenkinder-Fisher-Price-Baukästen zusammengesteckt.

Langsam geht es in höhere Lagen und endlich gibt es wieder Grün: hohe Nadelbäume recken sich in den leuchtend blauen Himmel. Wir lassen uns Zeit, lunchen in Murphys (das habe ich in der Nebensaison netter erlebt; aktuell ist es ein wenig anstrengend, weil sehr von Touristen überlaufen) und fahren weiter zum Mosquito Lake (der gleichnamigen Tierchen wegen nur gut für einen Photostop) und dann zurück zum Lake Alpine, wo wir ein bißchen Wasser plantschen und das Bergpanorama bewundern (http://bit.ly/bJxDOT).

Am späten Nachmittag gehen wir die “Cabin” im Bear Valley suchen. “Cabin” bedeutet wörtlich “Hütte” und man darf das nicht wörtlich nehmen – es handelt sich immer um ausgewachsene Ferienhäuser mit ein paar Schlaf- und Badezimmern und mehreren “Decks” (Terrassen). Wir irren durch den Wald, das Navi hält uns für längst am Zielort angekommen, und wir finden das verdammte Haus nicht. Bei der zweiten Umrundung kommt uns unsere Gastgeberin entgegengelaufen – die Hütte ist am Ende einer Privatstraße nach der ersten Privatstraße. Christian und Catherine haben gerade, um unser Eintreffen zu beschleunigen, die erste Flasche Wein geöffnet, und uns dabei vom oberen Deck beim Kreisen beobachtet (“ihr müßt das Ploppen des Korken gehört haben”). Die Beiden besitzen dort oben im Wald ein wunderschönes Holzhaus, das sie sehr liebe- und geschmackvoll renoviert haben, ein “on-going project”, wie sie versichern. Wir essen, trinken und reden gut, während die Sonne unter- und Mond und Sterne aufgehen. Kaum ein Lüftchen, kein Geräusch – wir sind umgeben von majestätischem Schweigen auf 2300 Metern Höhe.

Gegen unseren Kater am Sonntagmorgen gibt es nur eine Kur: wir gehen fischen. Zum Westufer des Lake Alpine, an einen felsigen Strand. Catherine und Christian werfen die Angeln aus, dann warten wir (ganz nach dem Wochenendmotto “Bring your camera and a hefty supply of laziness”) während uns eine freundliche Sonne bescheint und die Wolken über uns hinwegziehen. Es wird es immer mal wieder für ein paar Augenblicke hektisch, dann nämlich, wenn Catherine wieder eine “Rainbow Trout” am Haken hat und Christian mit dem Käscher herbeieilt. Drei Forellen werden als hinreichend für den Lunch befunden, zurück in der Hütte werden wir mit dem bis dato frischesten Fisch meines Lebens bekocht – und das ist eine Geschmackssensation! Das Wasser im Lake Alpine ist extrem sauber und da er durch viele Zuflüsse gespeist und damit ständig umgewirbelt wird, auch sehr sauerstoffhaltig. Das führt dazu, daß die Fische ganz rein schmecken, ohne jeden Modder oder sonstigen Beigeschmack. Und weil unsere Gastgeber so nette Menschen sind, freuen sie sich, daß es uns so gut schmeckt und lassen uns den Löwenanteil.

Wir hätten ohne Zögern unseren Aufenthalt noch um ein paar Tage verlängert – je älter ich werde, desto mehr zweifle ich am Wahrheitsgehalt des “Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören”-Gebots. Wir hätten ohne einen “zugzwang” wie Broterwerb noch eine ganze Weile zwischen Wald und Wasser pendeln, die Tage vertrödeln und die Nächte mit Sterne schauen bereichern können. Stattdessen fahren wir zurück, und weil wir gerne neues probieren, nehmen wir für einen Teil des Weges die Vasco Road, sind auf einmal mitten in einem mächtigen Windpark (http://bit.ly/PLpvhQ) und dann auch bald wieder daheim.

Nächstes Wochenende ist a) Christoph wieder in Deutschland und b) Labor Day und montags frei. Da werde ich dann mal wieder wohnen. Bis am Wochenende drauf mein nächster Besuch eintrifft.

* (Ich bin inzwischen schon so lange hier, daß andere Menschen die Zeit gefunden haben, in das Unternehmen ein- und wieder auszutreten.)

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