Wir essen den selbstgekochten richtig guten Eintopf der Kusine. Das Rezept? Das habe sie, wie fast alle ihre Rezeptideen, von chefarzt.de.
FehlzĂŒndungen (Kusine I)
Sie habe, erzĂ€hlt die eine Kusine, eine recht schwere Operation hinter sich (Tenor: wir werden alle nicht jĂŒnger). Es sei aber a) alles gut gegangen und b) habe sie nichts davon mitbekommen.
“War nĂ€mlich ne OP mit Vollpension.”
Winterreise, die zweite
Vor dem Aufbruch kratzen meine liebe Frau Wirtin und ich gemeinsam das Auto mit Leiheisschabern frei. Es kann losgehen.
Die NavigationsgerĂ€te, denen ich vertrauensvoll auftrage, den rechten Weg zu finden, scheinen das gerne mit einem Abstecher durch die landschaftlich schönen Ecken der Region zu belohnen. Und so fĂŒhrt mich der Google Mops gestern (nachdem wir erst einmal wieder gemeinsam nach einer heilen Auffahrt gesucht hatten (s. https://flockblog.de/?p=50384), nach keiner halben Stunde von der verkehrs-, baustellen- und lastwagenvollen Autobahn A61 weg auf die schon bekannte B9.
Am Rhein lang, aber der ist eine ganz andere Nummer als noch kurz vor Weihnachten. Grau-trĂ€ge-gelbbraun-schlammig schwer wĂ€lzt er sich seiner Bestimmung zu, Deutsche und Franzosen voneinander abzugrenzen. An manchen Stellen fehlen nur noch Zentimeter, bis er ĂŒber die inzwischen recht schwĂ€chlich anmutenden Ufermauern quillt. “Hochwasser” ist nicht, wie ich beim ersten Schild noch vermutet hatte, ein etwas mutwilliger Ortsname, sondern schlicht eine Zustandsbeschreibung. Wie die Kollegin am Freitag schon avisiert hatte: “Erst rĂ€umen wir bei der Oma den Keller, dann ist Karneval.”
Ich mĂŒĂte eigentlich bald da sein – und, ah da ist es schon: das Ortsschild, das die “Bundesstadt Bonn” ausweist. Man meint ihm bis heute anzusehen, wie sehr der Verlust des mittigen “haupt” schmerzt. Jetzt noch um ein, zwei, drei Ecken und schon bin ich bei meiner Kusine angekommen, die mich, wie immer wunderbar fĂŒttert, bettet und trĂ€nkt. Ich packe so viel Verwandschaftsbesuche wie nur möglich in die beiden Wochenendtage und werde gar nicht mĂŒde zu erzĂ€hlen, dass ich noch eine Woche bis zur Rente habe.
Diese letzte HunsrĂŒckwoche sitze ich doch auf einer Arschbacke ab…
Alle Wetter
Sonst haben sie hier auf dem HunsrĂŒck nicht viel, aber Wetter, das können sie. Montags Sturm. Hatte ich ja schon erzĂ€hlt. Dienstags, weil’s so gut ankam, weiter Sturm und nachmittags ein ausgewachsener Blizzard, der binnen einer halben Stunde 20cm Neuschnee brachte, der dann auch erst mal liegenblieb. Zumindest so lange, bis ich mich schlafen legte. Dann setzte ordentlich Regen ein, morgens war kein Restchen WeiĂ mehr geblieben, dafĂŒr hatten alle Kopfschmerzen. Mittwochs regnete es unverzagt weiter, bis dann nachmittags die Temperaturen abstĂŒrzten, der Regen gefror und Neuschnee die tĂŒckischen Eisfelder auf den StraĂen tarnte. Ich hatte erwĂ€hnt, dass der Autoverleih traditionell weder Eisschaber noch Beselchen zu “winterfesten Ausstattung” eines Mietwagens zĂ€hlt? Was machen eigentlich Nichtraucher in dieser Situation?
Und so geht das weiter. Der ganze Landstrich unter einer geschlossenen Eisdecke. Ich hĂ€tte doch gleich im Januar in den SĂŒden abhauen sollen.
Laut
Seit gestern bin ich zum letzten Mal im Leben auf Montage im HunsrĂŒck und der Sturm pfeift und tobt, dass man sich förmlich hineinlegen könnte, ohne hinzufallen.
Das wĂ€re ich ja fast noch bereit, gnĂ€dig zu ĂŒbergehen (doch, doch, ich bin so). Aber der Krach. Ma-hann! Der hat heute frĂŒh sogar das Siebene-LĂ€uten verblasen. Und das muss nun wirklich nicht sein, ey.
Gelesen: Mick Herron â âDolphin Junctionâ
In der Literaturwissenschaftlerschule wird gelehrt, dass das Schreiben von Kurzgeschichten und Romanen jeweils sehr unterschiedlicher Talente bedĂŒrfe, und nur die wenigsten Autoren (generisches Maskulinum) in beiden Disziplinen gut sei.
Das ist natĂŒrlich Schwachsinn. Wer ko der ko, und verwendet fĂŒr das, was er erzĂ€hlen will, die seiner Geschichte angemessene Anzahl an Wörtern. Aus. So einfach.
Und nun zu Herrons wunderbaren Kurzgeschichten. Hach! Einer und einem jeden sehr ans Herz gelegt, die und der sich intelligent unterhalten lassen will. AuĂerdem habe ich noch in jeder den einen Satz gefunden, den ich gerne sofort nach dem Lesen auswendig gekonnt hĂ€tte, um ihn im Bedarfsfall zitieren zu können. Double-Hach!
Inzwischen schon lĂ€ngst wieder an einem Sachbuch, das sich mit dem kurzen “Höhenrausch” zwischen den letzten beiden Weltkriegen befasst…
Das neue Jahr begrĂŒĂen
Wenn die Verve, mit der die Nachbarn ringsherum die bösen Geister weggeknallt haben, ein Indikator fĂŒr deren Restbestand sein sollte, dann wĂŒrde ich sagen, er belĂ€uft sich im negativen Bereich. Manche, schien es, gingen nĂ€mlich sogar in die VerlĂ€ngerung: kaum war irgendwann nach Mitternacht das vorrĂ€tige Pulver verschossen, flugs bei böllerheld.de eilnachbestellt und keine halbe Stunde spĂ€ter legten sie wieder los. Hadern, kann ich mitteilen, hat alles getan, damit 2025 ein gutes Jahr wird. Kein einziger böser Geist mehr. Nirgends. Alle zu Staub zerfallen.
Wir haben denn auch Neujahr damit begangen, einen Ausflug ins vorbildlich sonnenbeschienene Umland mit weiĂ-blauem Bayernhimmel und Alpenpanorama mit schneebepuderten Gipfeln zu machen und im Wald zwischen SĂ€ulen zu lustwandeln. Im Wald? Zwischen SĂ€ulen? Lustwandeln? Aber ja. Wir waren haben die KĂŒnstlersĂ€ulenhalle in Polling besucht (https://stoa169.com/de/idee/) und es sehr genossen, an einem herrlichen Wintertag zu betrachten, was kreativen Köpfen alles einfĂ€llt, wenn es eine vorgegebene Form zu gestalten gilt. Sehr Hach! Ich habe mir als Motto fĂŒr dieses Jahr mitgenommen “Eile mit Weile – The Graceful Haste”.
Das Gestalten einer vorgegebenen Form hat uns dann wohl auch inspiriert, fĂŒrs Dinner einen Pizzateig zu halbieren und dann “unsere” HĂ€lften mit dem belegen (und wĂŒrzen) zu lassen, was wir jeweils fĂŒr wohlschmeckend halten. Ich wĂŒnsche allerdings zu betonen, dass der Gast allein die Verantwortung fĂŒr das Ausbringen eines halben Pfundes GratinkĂ€se trĂ€gt… War aber gut.
Den letzten Tag haben wir planlos vertĂ€ndelt, dies und das geplaudert und dann war auch schon wieder Abend und die Zeit fĂŒr die Abreise gekommen. Den RĂŒckweg hat die Bahn weniger aufregend gestaltet als die Hinreise, wo der gebuchte Zug kurzfristig “abgesagt” worden war und mein Gast ist nun wohlbehalten wieder angekommen, wo er sein soll. Was beweist, die bösen Bahngeister sind vertrieben. Hah!
Vielen Dank, dass du da warst. Ich habe die Zeit sehr genossen.
Ăbersetzung
Vorhin, als ich mit dem Besuch aus Amerika am Waldfriedhof verbeifahre, protzt der mit seiner Ortskenntnis. Hier, rechts von uns, sagt er, liege das Waldsterben.
Nimm das, KI. Das kriegst du nicht hin.
Silvester im Resi: “Ein Sommernachtstraum”
Man tut im Resi was fĂŒr auswĂ€rtige GĂ€ste, die des Englischen mĂ€chtig sind. Hoch oben ĂŒber der BĂŒhne werden “Obertitel” eingeblendet – gut zu sehen dĂŒrften sie von der hinteren HĂ€lfte des Parketts und von den Balkonen sein, bei uns in der dritten Reihe hĂ€tten sie nicht unbedingt zu besserem VerstĂ€ndnis, sondern ganz sicher zu schrecklicher Genickstarre gefĂŒhrt. Aber anyway, wir sind ja hier nicht zwengs Ăbersetzung, sondern wegen Shakespeare. Also gleich auf ins Autohaus.
Autohaus? Ja. In der hier gespielten Fassung von Stephan Kimmig, Barbara Sommer und Ensemble unter der Regie des erstgenannten, gibt es keine irdischen Könige mehr, sondern Besitzerin und Besitzer zweiter fusionsbereiter AutohĂ€user, die irgendwie auch zarte Bande knĂŒpfen, aber noch nicht so ganz. Das ist sehr unsinnig aufgepappt. Es hĂ€tte gereicht, dass die beiden als Titania und Oberon auftreten, sie mit hĂŒftlangen blonden Dreads, er im Faltenrock und Tarnparka.
Der Schwerpunkt dieser Inszenierung sind Gier und Trieb und Verlangen und Liebe und Leiden. Das funktioniert sehr hĂŒbsch im nĂ€chtlichen Wald, in dem Hermia, Demetria (ja, ich weiĂ), Helmut (jaha, ich wei-heiĂ) und Lysander herumirren und -wirren, und lĂ€Ăt in tiefe AbgrĂŒnde schauen, als Oberon seine Titania mit einem Tier zusammenbringt – wenn sie ihn nicht will, soll sie doch fĂŒr ein Monster liebeskrank werden. Ătsch! Sein williger Helfer und Komplize Puck ist ein blondierter SportklamottentrĂ€ger mit SchnĂ€uzer und Sonnenbrille und hat kein gutes Herz. Und die Truppe um Petra Squentz (jaha)… Ach. Florian von Manteuffel rampensaut als Zettel ĂŒber sich hinaus. Göttlich. Die anderen drei scheinen ĂŒber ein Austauschprogramm im Rahmen der EU auf die BĂŒhne des Resi gekommen zu sein.
Mein Gast und ich sind unterschiedlicher Meinung, was die AuffĂŒhrung des HandwerkerstĂŒcks “Piramus und Thisbe” angeht. Er findet, das habe es gebraucht, weil man ja doch an den Proben im Wald und anderen Verwirrungen als Publikum schon so intensiv teilgenommen habe. Ich finde ja, eher nicht.
Aber es haben selbst die AutohÀuser fusionert, also Happy End? Oder?
