Augen auf bei der Lieferantenwahl, 2. Teil

Ich unterstelle dem Schenkenden, einer reizenden Person ohne Falsch und Tücke, nicht, dass er die Option mit dem Hindernislauf gebucht hat, damit das Geschenk auch gewiß nicht vor dem 6.12. ankommt. Das tut die Deutsche Post ganz alleine. Man habe mich, lügt der Zettel im Briefkasten, leider nicht antreffen können (needless to say: früh um kurz nach 11:00 Uhr, an einem Tag, an dem ich im Homeoffice war…) und ich möge mich doch nun zu einer DHL-Station aufmachen, wo ich es abholen könne. Aber bloß nicht vor Montag.

Wahlweise könne ich es an eine Packstation liefern lassen. Dafür müsse ich nur die App herunterladen und mich anschließend autorisieren…

Warum sollte es bei mir auch anders sein als bei allen?

Fehlzündungen

“Unbedingt ansehen”, empfiehlt die Freundin. Ein toller Film sei das. Und außerdem äußerst hochprozentig besetzt.

Ja dann. Prost.

Nur geladene Gäste

Kaum habe ich Rucksack, Schuhe, Mantel abgelegt, klingelt es. Vor der Tür steht die alte Dame aus der Wohnung ein paar Türen weiter, hutzelig, hochengagiert in allem, was Nachbarschaftliches angeht und stocktaub. “Wie freue ich mich”, brüllt sie mich an, “Sie anzutreffen!” (Ich werde ihr nie sagen, dass ich weiß, dass das kein Zufall ist – ich kann von meinem Balkon aus sehen, wenn bei ihr Licht an ist und vice versa.) Aber dahingestellt. “Was”, schreie ich zurück, “kann ich denn für Sie tun?” “Am Sonntag. Um halb neun. Mit Lichtern. Wir machen aber keine Zettel, nur Mundpropaganda.” Es dauert einen Moment, bis wir alle Fakten beieinander haben, dann geht sie wieder und läßt mich verwundert zurück.

Was an mir erweckt den Anschein, ich wäre gerne dabei, wenn ein Polizeichor (“aus Giesing, aber dafür können die nix”) drüben in St. Ignatius (Ignaz für seine Freunde) am Sonntagabend den Advent einsingt? Gar beleuchtet?

Und vor allem: geht das wieder raus?

Augen auf bei der Lieferantenwahl

Mir wurde ein Geschenk verheißen. Offensichtlich verschickt von Etsy. Da Etsy schon voll im Weihnachtsfieber zu sein scheint, knallen die mich seitdem mit Werbung voll (vom Geschenk allerdings noch keine Spur).

Nun frage ich mich schon: beim Pulli haben sie’s doch auch hingekriegt mit dem Adjektiv, kann es sein, dass sie selber diese Wichtel so abscheulich finden, dass ihnen nichts dazu einfällt?

Na gut, dann mache ich’s halt selbst: wie wär’s mit widerliche Weihnachtswichtel? Wenn schon sonst nix, dann wenigstens hübsch alliterativ.

Grammatik-Nerds

Neulich entspann sich zwischen mir und einer anderen Grammatik-Nerdette die Diskussion, ob die deutsche Entsprechung zum Oxford-Komma nicht das Ochsenfurth-Komma werden könnte und wir dann endlich auch im Deutschen bei Aufzählungen vor einem “und” legal ein Komma setzen dürfen.

Ja, stimmt. Manche Leute haben Probleme…

Gelesen: Richard Osman – “The Man Who Died Twice” (Thursday Murder Club, 2)

Wenn draußen Winter ist und Ähbäh und drinnen Magen und Darm grummeln, dann tut frau gut daran, sich den 2. Band von Osmans Detektiv-Renterband auf Vorrat gelegt zu haben. Das liest sich, auch durch Badezimmeraufenthalte unterbrochen, flüssig weg, so, wie es sein soll, wenn ein Autor seine Figuren und ihre Schrullen mag. Und trotz aller überraschenden Wendungen bleibt die Geschichte schlüssig und die Auflösung ergibt Sinn.

Wer nicht allzuviel denken mag und trotzdem gut unterhalten sein will, soll lesen! Lesen! Lesen!

(Ich bedaure beinahe, dass ich schon 50% der gesamten Reihe kenne und würde die Herrschaften Netflix bitten, sich jetzt doch mal mit der Postproduction ranzuhalten. Ibrahim Arif, den Ex-Psychiater, kann ich mir schon gar nicht mehr anders vorstellen als Ben Kingsley.)

Schnellgeströmt: “Cross”

Amazon Prime hatte mich mit schnellgeschnittenen dramatischen Trailern überflutet. Bin ich drauf reingefallen. Schwarzer gutaussehender Cop, dem die gute Gattin gemordet wird. Trauma, zwei kleine Kinder, Oma und ein komplizierter Fall am nächsten. Mit Rassismus. Huiui!

Ah, von wegen. Mehr so: Ähbäh! Einer von diesen typischen Patterson-Flughafenshopkrimis mit noch und noch und noch einer unvorhersehbaren Wendung, einem psychopathischen Serienkiller, sinnbefreite Nebenhandlungen und Beziehungen, nicht zuletzt zu einer haßerfüllten Figur aus des Detektives Vergangenheit, also allem, was eine halbwegs an den Haaren herbeigezogene Ausrede für Rumrennen, Rumrasen, Rumschießen, Rumbrüllen sowie viel zu viel sehr explizite Gewalt hergibt.

Ich habe mich bereits in der ersten Folge dabei erwischt, wie ich auf dem Tablet herumdaddele, habe die zweite nach 20 Minuten abgebrochen und bin sofort ins letzte Drittel des Season Finale gesprungen, hauptsächlich, um mir zu bestätigen, dass ich richtig vermutet hatte. Hatte ich: die Auflösung ist so billig und schlecht wie erwartet.

Dafür muss niemand mehr Lebenszeit verschwenden, ich hab ja nun schon stellvertretend für alle. What an utter shyte!!

Gelesen: Anatol Regnier – „Jeder schreibt für sich allein – Schriftsteller im Nationalsozialismus“

Das ist mal ein gutes Buch! Literaturgeschichte, ja, aber eigentlich eine Auseinandersetzung mit Moralfragen. Wow!

Wer war denn nun der bessere Deutsche? Die, die rechtzeitig emigrierten und von “draußen” fassungslos die Entwicklung ihres Vaterlandes verfolgten oder die, die blieben, und sich mehr oder minder gut durch das Tausendjährige Reich lavierten. Glühende Nationalsozialisten wurden und sich dazu bekannten oder verstummten oder irgendwie schreibend am Leben blieben, ohne sich vereinnahmen zu lassen? War das überhaupt möglich?

Ich zitiere aus der Kritik von Dominik Graf, der ebenso begeistert gewesen sein muss wie ich, weil er aus dem Buch gleich mal ein “Filmessay” gedreht hat: ” Liest sich wie die Beschreibung eines Erdbebens. Anatol Regnier differenziert, er hat Mitgefühl und Ironie – und er ist gnadenlos in seinem Urteil, wenn es sein muss.”

Besser hätte ich das auch nicht sagen können. Mein Exemplar kann ausgeliehen werden.

Lesen! Lesen! Lesen!

Immer noch Wetter

Ich muss noch ein wenig rumheulen.

Ich meine, was kann denn schon werden aus einem Tag, wo einen Männer auf ihren heulenden Böcken schneekratzend, -fräsend, -schaufelnd viel, sehr viel zu früh unsanft aus dem Schlaf holen? Hmmm?

War vielleicht “apokalyptisch” gar nicht so übertrieben…