Es sind Leserbeschwerden eingegangen, weil ich nicht mehr über meine Unternehmungen berichte. Aber jetzt mal ganz ehrlich, wer will schon lesen, daß die Autorin aufsteht, das Laptop aufklappt und ihre mails macht bis sie zur Arbeit fährt, dort weiterarbeitet, irgendwann wieder zurück nach Hause fährt, was ißt, das Laptop wieder aufklappt und weiterarbeitet, bis sie ins Bett fällt (und an den Wochenenden lediglich die Fahrt ins Büro wegfällt)? Genau. Das ist so ermüdend wie es klingt. Umso schöner, daß Toni diesen Monat Geburtstag und ich deswegen einen Grund habe, ihm eine Freude zu machen (und mir mit): die allerbesten Karten (erste Reihe, Mitte) für die Aufführung des “Sturm” im Cal Shakes Freilichttheater in Orinda am sonnigen Sonntagnachmittag.
Die Besetzung war erst einmal gewöhnungsbedürftig: lauter Doppelrollen: Caliban/Antonio , Miranda/Sebastian, Ferdinand/Trinculo, Prospero/Stephano, Ariel/Bootsmann wobei die letztere wohl aus Kostengründen erfolgt ist, die anderen im Zuge der Vorstellung durchaus an Sinn gewannen. Catherine Castellanos, eine feuerkraftsprühende Latina mittleren Alters gab einen wunderbaren Caliban (und einen überzeugend intriganten Antonio; daß sie eine Hosenrolle spielte, wurde nicht weiter thematisiert) und Erika Chong Shuchs Ariel war der bisher überzeugendste Luftgeist, den ich je in einer Tempest-Inszenierung gesehen habe. Daß sie Tänzerin ist und ihre Choreographie selbst gemacht hat, war der Rolle sehr zuträglich, sehr schön und passend auch die Regie-Idee, Ariel nach der Entlassung aus den Diensten Prosperos in einen Schmetterling metamorphosieren zu lassen. Kostüm- und Bühnenbildner haben wieder gute Arbeit geliefert (hier ein paar Kostüm-Entwürfe http://bit.ly/ITgjY6), die Naturkulisse tut ihr übriges. Der einzige Wermutstropfen für mich war, daß Prosperos schönster Monolog (“Now my charms are all o’erthrown…”) ein wenig versandete. Ich werde mich auch nie daran gewöhnen, daß hierzulande zum Schluß einmal applaudiert wird und dann alle wegrennnen – kein DaCapo, kein nix. Klatschen. Aufstehen. Gehen.
Nach Augenweide und Ohrenschmaus im Theater genossen wir Gaumenkitzel, im gleichnamigen deutschen Restaurant in Berkeley (http://bit.ly/KNIZT1). Also richtiges echtes paniertes pfannengebratenes Schweineschnitzel, mit den wahlweise typisch deutschen Schnitzelbeilagen Salzkartoffeln oder Spätzle und je einem Berg Butterkarotten.
Bewertung: Umlaute auf der Speisekarte richtig geschrieben (1 Punkt). Kühles Köstritzer (1 Punkt). Preis für eine Halbe Köstritzer etwas über 8 Dollar (1 Punkt Abzug). Ambiente: sehr nett, hell und freundlich. Überhaupt nicht tümelnd (1 Punkt). Service: freundlich, zuvorkommend, aufmerksam, aber nicht nervig (1 Punkt). Schnitzel und Beilagen: wohlschmeckend, wenn auch eher fleckig gewürzt und das Schnitzel viiieeel zu klein (trotzdem 1 Punkt). Dessertauswahl: sehr nette Süßspeisen, stattdessen doch lieber zu einer, zwei ordentlichen Scheiben Graubrot mit hohem Kleieanteil gegriffen (1 Punkt).
Das macht 5 Punkte und der sächsische Restauranttester schließt mit dem Lob: “Da kann man nochmal hingehen.”