Wenn man älter wird, vergeht die Zeit schneller. Ich habe jüngst bei Spon gelesen (damit ist der Wahrheitsgehalt bezweifelbar), daß einige Wissenschaftler dies darauf zurückführen, daß Menschen eine bestimmte Zeitspanne automatisch in Relation zum bisher gelebten Leben setzen. Bei einer Dreijährigen wäre das ein Drittel, und dann dauerts natürlich ewig, bis das Christkind das nächste Mal kommt. Bei Menschen mit mehr Lebenszeit auf dem Buckel war alles doch irgendwie immer erst neulich und die Jahre scheinen als Sonderausstattung einen Turbo bekommen zu haben.
Probieren wirs mal mit Entschleunigung (das ist so ein Modewort, das ich immer schon mal benutzen wollte) und machen einen Ausflug. Während wir auf dem Highway Number One an einem hellen sonnigen Wintertag gen Süden rollen, kommen Christoph und ich zu dem Schluß, daß wir beide diese Spon-Theorie nicht so recht glauben, sondern vielmehr vermuten, daß halt einfach nicht mehr so viel neues passiert und der Mensch nicht mehr so leicht abgelenkt wird. Wie man’s nimmt: ich bin zum ersten Mal an einem Winterwochentag nach Santa Cruz gefahren (worden) und habe zum ersten Mal am Shark’s Tooth Beach einen Pelikankindergarten gesehen (Schnabel an Schnabel zur Sonne ausgerichtet; den einzigen, der andersrum stand, haben sie sofort ins Wasser geschubst. Elende Konformisten!) Überhaupt: Pelikane. So viele Schwärme habe ich noch nie zuvor gesehen; sehr faszinierend, wie sie durcheinanderkreuzen, ohne je zu kollidieren oder einen an eine andere Formation zu verlieren. Und im Gegensatz zu Möwen lärmen sie beim Fliegen nicht rum. Sehr sympatische Vögel!
So schnell und kurzweilig ist die Fahrt nach Santa Cruz sonst nicht – wir sind schon auf der Wharf und im Wasser vor uns ist scheint’s Schwimmschule für kleine Seelöwen und sie kuddeln und muddeln über- und untereinander und ständig verschluckt sich einer und muß dann feste husten und die Alten schütteln ein wenig konsterniert die schweren Häupter – Alles Weicheier, diese Jugend von heute! Es wird kälter, am Himmel stehen dicke Wolken und wir am Ende des Stegs, eine halbe Meile draußen auf dem Wasser, wo der Wind doch ganz schön pfeift. Schnell ein Heißgetränk holen und schönen knusprigen Speck im dicken Schokoladenmantel. (Das ist nicht pervers, sondern sehr lecker. Wir hätten auch deep fried Double-Orios, kandiert, mit Schokolade überzogen und bunten Sprinkles nehmen können…)
Solchermaßen aufgewärmt fahren wir ins Städtchen, besorgen im Candy-Store ein Päckchen Willy Wonka NERDS für Toni und in der Buchhandlung den neuen Scalzi und den neuen Hiaasen, damit Sabine in den Weihnachtsferien was zu lesen hat. Christoph hat inzwischen fürs Dinner ein Cajun-Restaurant entdeckt und wir wählen das Mardi-Gras-Menue: Süppchen (Gumbo), Schweinskotelett (doch, ein Kotelett muß knapp 2 cm dick sein) bzw. Catfish. Dann sind wir satt. Dann wird das Dessert serviert. Deep Fried Banana Sundae (das bedeutet viel Eis, gründlich Sahne, eine ganze frittierte Banane und ordentlich Karamelsoße sowie ein Minzblättchen in einem kleinen Trog nett angerichtet), außerdem Brotpudding, geben uns Mühe, nicht zu viel zurückgehen zu lassen und wanken anschließend durch strömenden Regen zum Auto. Das nette hier in der Gegend ist, daß alle schönen Ausflugsziele so schön nah dabei sind: knapp eineinhalb Stunden später legen wir unsere dicken Bäuche im warmen Häuschen zum Verdauen aufs Sofa, hören dem Himmel beim Wasserlassen zu und habens so richtig gut.
Wie ist das nun mit der Zeit, die so viel schneller vergeht, wenn man älter wird? Das Relationsmodell ist Schwachsinn und wird als solcher verworfen. Nach dem Nikolaustag 2013 halte ich unsere Hypothese “es passiert halt nimmer viel Neues” allerdings auch für nicht ganz zutreffend – was habe ich heute nicht alles zum ersten Mal im Leben gemacht. Und morgen wieder. Müssen wir wohl weiter nach einem guten Grund suchen. Ich finde auf jeden Fall, Geburtstagfeiern macht mit jedem Jahr mehr noch mehr Spaß! Morgen gehts weiter. Wir haben Gäste geladen und die sollen mit uns Christophs Pesto und meine erste Crème Brûlée schlemmen. Ich habe das Rezept der Pionierin hier halbiert (http://bit.ly/1bqhxDr) und trotzdem noch 5 Portionen übrig… Macht nix, Sam mag die bestimmt auch.