Falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte

“Departures” ist der mit Abstand blödeste Schalter am ganzen Flughafen, vor allem, wenn Christoph da aussteigt und ich alleine wieder heimfahre.

Schee wars! Gute Reise. Und sieh zu, daß du bald wieder kommst. Ich bin gerade die Liste durchgegangen: es ist lang noch nicht alles gekocht, die Anzahl der Reiseziele scheint gewachsen und es is scho gar ned ois gredt.

Panta rhei

Wenn man älter wird, vergeht die Zeit schneller. Ich habe jüngst bei Spon gelesen (damit ist der Wahrheitsgehalt bezweifelbar), daß einige Wissenschaftler dies darauf zurückführen, daß Menschen eine bestimmte Zeitspanne automatisch in Relation zum bisher gelebten Leben setzen. Bei einer Dreijährigen wäre das ein Drittel, und dann dauerts natürlich ewig, bis das Christkind das nächste Mal kommt. Bei  Menschen mit mehr Lebenszeit auf dem Buckel war alles doch irgendwie immer erst neulich und die Jahre scheinen als Sonderausstattung einen Turbo bekommen zu haben.

Probieren wirs mal mit Entschleunigung (das ist so ein Modewort, das ich immer schon mal benutzen wollte) und machen einen Ausflug. Während wir auf dem Highway Number One an einem hellen sonnigen Wintertag gen Süden rollen, kommen Christoph und ich zu dem Schluß, daß wir beide diese Spon-Theorie nicht so recht glauben, sondern vielmehr vermuten, daß halt einfach nicht mehr so viel neues passiert und der Mensch nicht mehr so leicht abgelenkt wird.  Wie man’s nimmt: ich bin zum ersten Mal an einem Winterwochentag nach Santa Cruz gefahren (worden) und habe zum ersten Mal am Shark’s Tooth Beach einen Pelikankindergarten gesehen (Schnabel an Schnabel zur Sonne ausgerichtet; den einzigen, der andersrum stand, haben sie sofort ins Wasser geschubst. Elende Konformisten!) Überhaupt: Pelikane. So viele Schwärme habe ich noch nie zuvor gesehen; sehr faszinierend, wie sie durcheinanderkreuzen, ohne je zu kollidieren oder einen an eine andere Formation zu verlieren. Und im Gegensatz zu Möwen lärmen sie beim Fliegen nicht rum. Sehr sympatische Vögel!

So schnell und kurzweilig ist die Fahrt nach Santa Cruz sonst nicht – wir sind schon auf der Wharf und im Wasser vor uns ist scheint’s Schwimmschule für kleine Seelöwen und sie kuddeln und muddeln über- und untereinander und ständig verschluckt sich einer und muß dann feste husten und die Alten schütteln ein wenig konsterniert die schweren Häupter – Alles Weicheier, diese Jugend von heute! Es wird kälter, am Himmel stehen dicke Wolken und wir am Ende des Stegs, eine halbe Meile draußen auf dem Wasser, wo der Wind doch ganz schön pfeift. Schnell ein Heißgetränk holen und schönen knusprigen Speck im dicken Schokoladenmantel. (Das ist nicht pervers, sondern sehr lecker. Wir hätten auch deep fried Double-Orios, kandiert, mit Schokolade überzogen und bunten Sprinkles nehmen können…)

Solchermaßen aufgewärmt fahren wir ins Städtchen, besorgen im Candy-Store ein Päckchen Willy Wonka NERDS für Toni und in der Buchhandlung den neuen Scalzi und den neuen Hiaasen, damit Sabine in den Weihnachtsferien was zu lesen hat. Christoph hat inzwischen fürs Dinner ein Cajun-Restaurant entdeckt und wir wählen das Mardi-Gras-Menue: Süppchen (Gumbo), Schweinskotelett (doch, ein Kotelett muß knapp 2 cm dick sein) bzw. Catfish. Dann sind wir satt. Dann wird das Dessert serviert. Deep Fried Banana Sundae (das bedeutet viel Eis, gründlich Sahne, eine ganze frittierte Banane und ordentlich Karamelsoße sowie ein Minzblättchen in einem kleinen Trog nett angerichtet), außerdem Brotpudding, geben uns Mühe, nicht zu viel zurückgehen zu lassen und wanken anschließend durch strömenden Regen zum Auto. Das nette hier in der Gegend ist, daß alle schönen Ausflugsziele so schön nah dabei sind: knapp eineinhalb Stunden später legen wir unsere dicken Bäuche im warmen Häuschen zum Verdauen aufs Sofa, hören dem Himmel beim Wasserlassen zu und habens so richtig gut.

Wie ist das nun mit der Zeit, die so viel schneller vergeht, wenn man älter wird? Das Relationsmodell ist Schwachsinn und wird als solcher verworfen. Nach dem Nikolaustag 2013 halte ich unsere Hypothese “es passiert halt nimmer viel Neues” allerdings auch für nicht ganz zutreffend – was habe ich heute nicht alles zum ersten Mal im Leben gemacht. Und morgen wieder. Müssen wir wohl weiter nach einem guten Grund suchen. Ich finde auf jeden Fall, Geburtstagfeiern macht mit jedem Jahr mehr noch mehr Spaß! Morgen gehts weiter. Wir haben Gäste geladen und die sollen mit uns Christophs Pesto und meine erste Crème Brûlée schlemmen. Ich habe das Rezept der Pionierin hier halbiert (http://bit.ly/1bqhxDr) und trotzdem noch 5 Portionen übrig… Macht nix, Sam mag die bestimmt auch.

Ein Lichtlein brennt

Eins? Ach was. Viele! Ein Lichtermeer und Nochmehr!

Weil doch Christoph am Sonntag wahrhaftig schon wieder abreisen will (das waren nie im Leben sechs Wochen), haben Toni und ich ihn heute in die Christmas Tree Lane nach San Carlos ausgeführt (http://bit.ly/1eUKhsZ). Mal in echt angucken, was man sonst nur aus schlechten Ami-Filmen kennt. Eine ganze Straße, in der jedes Haus und jeder Vorgarten bis zur Unkenntlichkeit mit Weihnachtsdeko zugeschmissen sind. Es waren auch alle wieder da: Weihnachtsjedi und Weihnachtsyeti, Weichnachtsfrosch und Weihnachtsdackel, jede Menge Santas mit Mrs. Santa sowie den Kindern Santra und Klein-Nicky. Bloß das Weihnachtskrokodil auf dem Dach hat gefehlt, macht wahrscheinlich Ferien in Florida.

Dazwischen blühen Rosen und Zitronenbäume hängen voller Früchte. Man kann sich nicht recht vorstellen, daß es tatsächlich heute Nacht frieren soll. Minus 1 Grad Celsius. Man reiche mir meinen mit Zobel gefütterten Hermelinmantel sowie Wollsocken.

Thanksgiving am Russian River – aus is!

Über all unser Faulenzerei ist es doch auf einmal Sonntag und damit Abreisetag geworden. Nach dem Frühstück hübschen wir Ursula wieder auf, ziehen Betten ab, bringen Müll raus und stopfen die erste “Load” Handtücher in die Waschmaschine. Dann packen wir unsere Siebensachen sowie zwei halbe Küchen wieder ins Auto und fahren heim.

Die Dame vom Ferienhausverleih erwähnt beim Schlüssel zurückbringen beiläufig, daß wir als treue Kunden beim nächsten Mal einen Rabatt bekommen. Sagt doch schon alles, daß wir (Sachse, Niederbayer und Schwäbin) auch ohne Discount wieder buchen würden. Hach! Schee wars!

Thanksgiving am Russian River

Wir berichten live von der Preisverleihung;

Die Goldene Semmel am Bande für den Besten Bäcker in den Kategorien Hefezopf UND Frühstücksbrötchen geht an Toni, in besonderer Würdigung des Knet-, Rühr- und Doppelzopfflechteinsatzes schon am Wochenende davor.

Keiner hat es gewagt, gegen den Meister aller Flammen anzutreten. Kampflos geht das Goldene Log auch in diesem Jahr wieder an den Lord of Hellfire: Christoph. Keep the fire burning, man!

Um viele Längen ungeschlagene *Miss Hot Tub 2013* wurde Sabine und für ihre überragenden Leistungen mit der goldenen Esther-Williams-Nasenklammer ausgezeichnet. Die Preisträgerin dankte gerührt ihren Eltern für deren Familienplanung. Nur wer in kalter Winternacht geboren sei, wisse um den wahren Wert von Wärme.

Thanksgiving am Russian River

Samstag, früher Nachmittag. Wenn wir heute keine Photos vom Fluß und vom Herbst und überhaupt machen, dann wird das dieses Jahr nix mehr. Morgen um die Zeit sind wir schon wieder weit, weit weg von hier.

Was noch vor drei Tagen einfach “schnell ein paar Treppen runter und da” gewesen wäre, nimmt in unserem Zustand ausgewachsener Trägheit komplizierte Dimensionen an. “Muß noch Schuhe anziehen. Und Strümpfe.” “Nochmal auf’s Klo.” “Braucht man schon ein Hoodie?” “Natürlich Hoodie! Christoph hat sein Stativ dabei.”* “Meine Batterie ist fast alle.” “Falsches Objektiv für den Baum. Erst wechseln. Dann Bild machen. Dann wieder wechseln.” “Muß auch noch mal.” “Hat wer meine Socken gesehen?”

Es soll Menschen geben, die mit weniger Vorbereitung eine mehrwöchige Amazonasexpedition durchführen. Streber!

 

* Klingt vielleicht kompliziert, ist es aber nicht: Christoph hat eine Neigung zum Photographieren bei schwindendem Licht. Gerne Serien von “Die Sonne steht schräg” bis “Nun ist es rabenschwarze Nacht geworden.” Als solidarisch Beistehende endet frau dabei traditionell immer dunkelblau gefroren.