Neu zum Strömen: “Black Bag”

Die Entstehungsgeschichte von “Black Bag” stelle ich mir ungefähr so vor: Regisseur Steven Soderbergh bekommt ein Theatermanuskript zugeschickt. Es gefällt ihm, aber er möchte lieber einen Film daraus machen. Also läßt er ein paar Szenen einfügen, die abseits der Bühne spielen, wie “AUSSEN. LONDON – TAG” und “AUSSEN. ZÜRICH – NACHT”, gibt Kostümbildnern sowie Ausstattern den Auftrag “stylish. Und cool”, geht einmal durch sein Rolodex (jaha, ich weiß, gibts nicht mehr, passt aber hier. Jungen Menschen möge man das Prinzip “Kontakte, die nicht im Handy sind” erklären), stellt sich seinen Traumcast zusammen und die sagen auch alle, alle zu.

Gleich voran: ungeduldigen Menschen wird der Film nicht gefallen. Auch nicht denen, die gerne Action, Verfolgungsjagden, Knallbummklirr mit Rumgebrülle haben. Wer sich aber auf ein sehr dialoglastiges Fast-Kammerspiel in ausgesucht schönen Ambientes* einlassen mag, der ist hier richtig. Michael Fassbender mit dicker George-Smiley-Brille und die immer noch schmaler und hochwangiger werdende Cate Blanchett geben ein Spionehepaar fast Shakespearscher Dimension, gebunden durch den Schwur, jeweils füreinander zu lügen und zu töten. Das machen sie sehr schön. Ansonsten viel Intrige, Doppel- und Triple-Spiel sowie Tisch- und sonstige Gespräche auf Yasmina Reza-Niveau.

Mir hat das großen Spaß gemacht. Ich habe aber auch viel Zeit.

* Ich weiß ja nicht, welches Anfangsgehalt Jungspionen beim MI6 bezahlt werden, aber wenn man sich dann in London solche geräumigen Wohnungen mit Fensterfronten dieser Magnifizenz leisten kann, scheint das eine gute Berufswahl zu sein.

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