Ich wollte die Serie von Anfang an mögen: erstens wird die Hauptrolle von Elisabeth Moss gespielt, die seit “A Handmaid’s Tale” einen Spitzenplatz in meinem persönlichen Olymp innehat, zweitens wird zwischen Zeitebenen und Epochen gewechselt, drittens investigativer Journalismus mit Newsroom sowie rasendem (bzw. getriebenen) Reporter, viertens kommt ein psychopathischer Killer vor und fünftens und außerdem: Chicago, hach. Wers selber noch sehen will, sollte hier gleich wieder aufhören zu lesen, denn Vorsicht: es folgen Spoiler.
Mossens Figur ist eine Geschlagene, Niedergedrückte, an den Umständen scheiternde und verzweifelte Frau, die, die dem Killer seinerzeit entkam, seit dem Verbrechen aber damit kämpft, dass ihre Realitäten ständig wechseln. Mal wohnt sie abends nicht mehr da, wo sie morgens noch das Haus verlassen hat, mal hat sie einen Hund, dann eine Katze, mal einen Mann, dann wieder keinen, es ist ein rechtes Durcheinander und ich konnte schon da kaum folgen, obwohl sie so ordentlich Buch über ihre Lebensumstände führt. Weil man aber nicht ohne Grund Moss besetzt hat, ist sie auch eine Kämpferin und Aufmupf ihr Mittelname, was sehr schön damit illustriert wird, dass sie mal graues Archiv-Mäuschen, dann wieder Star-Journalistin ist. Diese Wechsel spielt sie glaubhaft und überzeugend. Ich würde dieser Schauspielerin alles abnehmen, sie könnte, wie man das seinerzeit auch De Niro nachgesagt hat, bei Bedarf absolut glaubhaft ein Spiegelei geben.
Bei der Besetzung des zeitreisenden Killers Harper (Jamie Bell) hat das Casting ebenfalls einen guten Job gemacht. Seine Figur ist extrem präsent und sehr gelungen psychopathen-creepy. Dass ich die ganze Zeit das Gefühl hatte “so sieht es also aus, wenn man Ryan Gosling nicht kriegen kann”, liegt wahrscheinlich an mir. Auch der Reporter Dan (Wagner Moura) in seinem Konflikt zwischen Alkohol-Stupor und Wahrheit ist genau richtig gewählt – an den Schauspielern liegt es wahrhaftig nicht, dass ich mitten in der vierten von acht Folgen abgebrochen habe.
Ich vermute, ich muss das im Winter auf einen Sitz bingen. Im Sommer, wenn man nach einem langen heißen Tag noch eine Folge vor dem Zubettgehen anschaut, hat es mich einfach nicht gezogen. Ich weiß also noch nicht, ob es mir gefallen hätte/hat. Falls wer durchhält, freue mich mich auf einen Kommentar.