Neulich hat mir ein ausländischer Herr von Deutschland vorgeschwärmt. Wie gut dieses mein Land doch organisiert sei. Und wie gut und gerecht die Gesetze und wie anständig und fair die Justiz. Wie zuverlässig und ehrlich die Menschen. Wie nicht korrupt die Politik und so weiter und so fort…
Ich war sehr hin- und hergerissen.
Sollte ich ihn jetzt mit Beispielen, gerade aus der jüngeren Vergangenheit, darüber belehren, dass er da mit einer sehr rosaroten Brille guckt? Dass wir alle sehr verblüfft waren, dass viele der Attribute, mit denen wir dieses unser Land früher beschrieben hätten, uns derzeit nicht mehr ganz so zutreffend scheinen? Oder den Schnabel halten und mich einfach freuen, dass auch dieses nicht mehr so supergut organisierte Deutschland mit seinen Finanzskandalen, seiner nicht vorhandenen Digitalisierung, Männern wie Scheuer und Laschet und Frauen wie Weidel, verpennter Klimapolitik und der vollkommenen Ignoranz der Politik gegenüber den Bedürfnissen nichtwählender Kinder und Jugendlicher immer noch viele Male besser ist, als das Herkunftsland meines Gesprächspartners?
Habe schlieĂźlich das Thema gewechselt und ĂĽber die groĂźartige KĂĽche und Poesie seines Heimatlandes gesprochen. Schmeicheln lenkt ab.