Gestern war ich zum ersten Mal seit fast Menschengedenken oder doch mindestens seit gut über eineinhalb Jahren so richtig fein zum Essen eingeladen. In einem Nobelschuppen in der Maximilianstraße.
Beobachtung 1: In der Innenstadt gehts abends zu wie am Stachus um zwölfe. Ein Riesenbetrieb! Jungvolk auf irgendwas surrendem mit Rädern flitzt durch die Gruppen der Theater- und Opernbesucher*innen eher gesetzeren Alters, dazwischen schnurren dicke E-Brummer oder dröhnen City-SUVs, Taxler kennen auf der Fahrgastjagd kein Gebot und ziehen durch die Massen wilde Wendekreise, ab und zu röhrt ein Porsche oder ein Ferrari (gut, das ist wie früher).
Beobachtung 2: Das einzige, was im Maximilianstraßenverkehr noch Lärm macht, sind die Trambahnen. Ansonsten wird man beim Überqueren der Straße von überraschend auftauschen Flüsterelektroautos mehrfach beinahe totgefahren. Die Tesla-Dichte ist fast so hoch wie im Silicon Valley.
Beobachtung 3: Offensichtlich findet das Oktoberfest doch statt. In Tracht kostümierte Menschen eilen auf dem Hinweg flotten Haferlschuhschrittes in Bierzeltersätze und torkeln auf dem Heimweg angesoffen schwankend raumgreifend im Weg herum. Da schau her. Das hatte ich wirklich überhaupt gar kein bißchen mitbekommen.
Beobachtung 4: Vor dem Restaurant hängt ein Schild, das auf das 3G-Gebot hinweist. Drin führt mich die hauseigene Hostess an den Tisch und nein, einen G-Nachweis will sie nicht sehen. Die beiden schon wartenden Herren hätten sich bereits ausgewiesen. WTF?
Beobachtung 5: Eine Pandemie findet nicht statt. Der Riesengewölberaum ist voll feiernder schöner Bussi-Party-People. Laut, heiß, stickig, eng an eng. Mutet von der Geräuschkulisse und der olfaktorischen Nasenschleimhautbelästigung an wie eine Bahnhofshalle. Riecht bloß teurer.
Beobachtung 6: Mann, war ich froh, als ich wieder daheim war. Corona hat meine latenten misanthropischen Tendenzen offensichtlich chronisiert. Aber so dermaßen.