Heimatkunde. Ein Dialog.

A: “Der China Camp State Park heißt so…”

B: “Weil da die Chinesen aus China Town zum Camping hinfahren.”

A: “Nein, Quatsch. Beim Bau der transamerikanischen Eisenbahn…”

B:” Wieso jetzt Eisenbahn? Du wolltest doch was über den Park erzählen?”

A:” Will ich auch. Hör einfach auf, mich ständig zu unterbrechen. Also…”

B:” Kommt jetzt was zum Park? Oder zur Eisenbahn?”

A:” Zu beidem. Das hängt zusammen. Also, …”

B:” Ach so. Das hättest du auch gleich sagen können.”

A:” Hab ich ja. Still jetzt. Aufgemerkt. Also, zum Bau der transamerikanischen Eisenbahn (ab ca. 1860) wurden Unmengen billiger Arbeitskräfte gebraucht. Entsprechend heuerte die Union Pacific Railroad Company arme irische Einwanderer…”

B:” Wieso jetzt Iren? Wo bleiben die Chinesen?”

A:” Ruhe, Mensch! Wo war ich? Also Iren und Schiffsladungen voller Chinesen direkt aus China bauten unter menschenunwürdigen Bedingungen, ohne adäquate Ernährung und Behausung und zu Hungerlöhnen…”

B:” Ja, ja, und jetzt wieder proletarischer Klassenkampf… Rotfront und so. Weiß schon. Wenn die nix zu wohnen hatten, warum gibt es dann ein China Camp?”

A:” Halt doch einfach mal für fünf Minuten die Klappe und höre zu. Ich kann’s auch lassen, dann bleibst du halt dumm.”

B:” Mmmppff.”

A:” Nach Abschluß der Gleisbauarbeiten wurden die Arbeiter quasi betriebsbedingt gekündigt, genauer gesagt, einfach ent- und weitestgehend mittellos sich selbst überlassen. Findige chinesische Fischer sattelten mit speziell aus China importierter Ausrüstung um auf Krebs- und Krabbenfang in  der San Francisco Bay. Um 1875 gab es schließlich 26 dieser sogenannten “Crab Camps”, mit Booten, Trocken- und Räucheranlagen, eigenen Gärtnereien etc., die sich autonom versorgten. – So richtig nah ran wollte wohl auch keiner, es muss bestialisch gestunken haben. Um 1900 herum entdeckten Amerikaner, dass sich mit dem Krabbenfang ein gutes Geschäft machen läßt. Die chinesische Konkurrenz wurde – mit freundlicher Unterstützung des Gesetzgebers – ausgeschaltet und…”

B:” Pooahh. Echt. Einfach so? Voll gemein, ey.”

A: “Voll gemein. Genau. In den Zwanzigern des 20. Jahrhunderts gab es keine Chinesen mehr in der Branche, zumindest nicht mehr in führenden Positionen. Das China Camp im State Park ist das einzige noch erhaltene Relikt aus der Zeit davor.”

B:” Aber die Amis können doch nicht so einfach…”

A: “Doch. Sie können. Weißt du, ‘außer den Menschen gibt es noch Sachsen und Amerikaner. Aber die haben wir noch nicht gehabt, und bekommen Zoologie erst in der nächsten Klasse.'”

B (prustend): “Zoologie, hihi, Sachsen, hihi…”

A:” Pscht. Das ist ein Zitat von Kurt Tucholsky aus “Der Mensch”. Hmmm, was die Amis angeht, bin ich nicht sicher, aber bei den Sachsen sollten wir uns entschuldigen.”

A und B (Im Chor:) “Tschuldigung, Saxonia. War nicht so gemeint.”

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