Schlimm genug: der Wecker rappelt um 04:28 Uhr. Da bin ich aber schon eine Weile wach, weil ich wie immer, wenn ich außergewöhnlich früh aufstehen muss, in Halbstundenabständen aufwache, damit ich nur ja nicht verschlafe.
Auch schlimm: 5 Stunden Autofahrt. Als Unterhaltungsprogramm dienen drei dicht bedruckte Seiten “Rücksprachethemen mit dem Chef” (jener im Fahrer-, ich auf dem Rücksitz, wg. Abstand und mehr Platz zum Mitschreiben).
Mittelschlimm: Nach drei Monaten Abwesenheit zum ersten Mal wieder in Dirty Dörth im Hunsrück. Mein Postfach wurde wg. Überlaufens in der Zwischenzeit ein paar Mal geleert und außer zwei hohen wackeligen Papierstapeln wartet so gut wie jede*r Kolleg*in mit irgendeinem Anliegen. Dazwischen Vorstellungsgespräche, Meetings, IT-Umstellung. Es soll ja nicht langweilig werden.
Lichtblick: Abendessen mit der Kollegin. (Im einzigen Lokal, das nicht Ruhetag hat. Emmelshausen hat sich gar kein bißchen geändert.)

Schrägschlimm: Maskiert, weil als Gast maskenpflichtig, den kurzen Weg vom Eingang zu einem der wenigen freien eng gestellten Tische im gut besetzten Lokal zurücklegen. Die maskierte Bedienung bringt den “Wer sind Sie?”-Zettel und die Speisekarten und nimmt, noch immer maskiert, die Bestellung auf. Dann kommt der joggingbehoste Wirt (reicht ihm als Virenschutz) und beugt sich quer über den Tisch, macht Small Talk und das Lämpsche an und bringt Minuten später ein Blumenväschen als Tischschmuck. Mehr unmaskierter Smalltalk. Die maskierte Bedienung bringt derweil die Getränke. Offensichtlich gilt diese Interaktion als Signal für die Demaskierung des Pesonals, denn das Servieren der Mahlzeit sowie weiterer Getränke findet mit freigelegtem Antlitz und freundlichem sichtbaren Lächeln statt. Der Wirt ist der eher Nähe suchende Typ und fragt gefühlt alle drei Minuten nach, ob man denn gerne hier sei, ob man noch was für uns tun könne, ob es schmecke, ob man noch was reichen dürfe, ob… Hauptsache, dabei immer quer über dem Tisch liegend. Beim Toilettengang und Verlassen des Etablissements gilt Maskenpflicht. Für die Gäste.
Erträglich schlimm: bei der Frau Wirtin gibt es nur ein sichtbar schnell geputztes Zimmer im 2. Stock. Hmmm. Dafür, sagt sie, darf ich mich freuen. Ab Morgen früh sei wieder Frühstücksbüffet erlaubt. Ich nehme mir vor, die Erste zu sein.
Richtig schlimm: mein Waschbeutel hat es nicht in die fix gepackte Tasche geschafft. Wird irgendwie gehen, ein paar Not-Toilettenartikel und eine Haarbürste führe ich immer in der Handtasche mit mir. Nicht aber eine Zahnbürste. Kein schönes Gefühl, so eine Nacht und noch ein Tag mit nur mit Zeigefinger und warmem Wasser gereinigten Zähnen. Das hat man nun von der Zivilisation!
Auch schlimm: Im fremden Bett schlecht schlafen, flugs (als Gast mit Maske) vom Frühstücksbüffet (juhe!) nehmen, was wenig kontaminierbar wirkt, dabei anderen unmaskierten Gästen zusehen, wie sie sich nach der Drückprobe gegen ein Brötchen entscheiden und Wurst nach Riechprobe zurücklegen. Das ist in gewöhnlichen Zeiten schon grausig, jetzt verdirbt es mir sogar den Appetit auf den Joghurt im Weckgläschen.
Wieder nur mittelschlimm, weil mans ja schon kennt: einen Achtstundentag hinter sich bringen, keine Pause, dafür noch ein paar Meetings mehr und dann aber ab ins Auto und im strömenden Regen 500 Kilometer zurückhetzen. Als Unterhaltungsprogramm gilt es dieses Mal zwischen Stauphasen, gesperrten Tunnels und Flottfahren eine Antwort auf einen unverschämten Kundenbrief formulieren, zu dem wenigsten fünf Kollegen Informationen beitragen. Anschließend ist mir schlecht.
Wenn ich nicht ohnehin am Freitag freigenommen hätte, tät ichs jetzt erst recht. Die nächste Ochsentour steht spätestens in zwei Wochen an…