Besuch aus fernen Landen ist mir ja immer Ansporn, auch mal wieder bayerische Nahverkehrsziele aufzusuchen. Zum Beispiel Tegernsee am schönen Tegernsee. Die haben eine wunderschöne Therme (ausgebucht), Berge mit schneegepuderten Gipfeln, einen See, eine Skipiste mit Kunstschnee (sonst noch was? Kalt. Schnee. Und dann noch ungelenk auf Holzbrettern hinabrutschen? Nein, nein, nein!), ein Pendelschiff zum Adventszauber (u. a. mit Alphornbläsern und Blasmusik) am gegenüberliegenden Ufer (wg. Advent vorbei geschlossen) sowie ein Olaf-Gulbransson-Museum (gut beheizt) und Cafés (dito), weswegen die beiden letzteren sich als Ziele eignen.
Man möchte gar nicht glauben, wie viele andere Menschen ebenfalls Bayern herzuzeigen hatten. Der Verkehr war zäh, der Stau lang und wir hatten hinreichend Gelegenheit, oberbayerisches Idyll langsam, ganz langsam an uns vorbeiziehen zu lassen. Auch den Lehrbienenstand, der einige Fragen offen läßt. Werden dort Bienen unterrichtet? (“Schau, Bienchen, das ist eine Blüte…”). Oder stellen sie den Lehrkörper? Und wenn ja, wem bringen sie und vor allem was bei? Oder hat das was mit Drohnen zu tun (“Wenn du zur Königin gehst, vergiß [bienenköniginnenkompatiblen Gegenstand einsetzen] nicht! Du Drohnen-Depp!”] Und wuppdich sind wir auch schon da.
Im Gulbransson-Museum zeigt man eine Ironimus-Sonderausstellung, die wieder einmal die These belegt, dass Satire nur so lange funktioniert, wie ihr Objekt dem Betrachter bekannt ist. Überhaupt wirken Gustav Peichls Karikaturen ein wenig dröge, quasi angegilbt und aus der Zeit gefallen. Hingegen sind seine architektonischen Entwürfe sehr modern (zB der Millennium Tower in Wien), davon hätte ich gerne mehr gesehen – aber dafür hätte ich vielleicht nicht gerade ein Museum zur Geschichte der Karikatur aussuchen sollen. Die Simpl-Ausstellung macht Spaß, wie immer. Dann See-Ufer (wg. Sonnenuntergang in Oberbayern), Kaffee (wg. es ist jetzt Kaffeezeit) und dann zurück (wg. Konzert). Inzwischen ist es so kalt geworden, dass selbst das Schilf friert – die armen Zitterpflänzchen stehen mit den Füßen im kalten See und ich klappere schon solidarisch mit den Zähnen. Zum Glück funktioniert bei uns im Auto die Heizung.
Heimzus gehts auch nicht schneller, doch das macht nichts, denn es gibt viel zu sehen. Etwas zurückgesetzt von der Straße stehen um eine Krippe unter hellem Flutlicht ein großer signalgrüner Hirsch mit goldenem Geweih und güldenen Blütenranken am Sterz, allerlei Waldgetier (ich glaube, ich konnte einen Waschbären (apricot/türkis) und ein Eichhörnchen (eichhörnchenfarben) identifizieren) sowie zwei floridapinke Flamingen. Wenig verwunderlich, dass kaum 200 Meter auf der anderen Straßenseite vier (!) königliche Halbwüchsige (die royale Abkunft erkennbar durch Krönchen und weite flatternde Capes sowie Sternenstäbe) ihrer Weisheit verlustig gegangen zu sein scheinen. Ich hatte die Besetzung im Stall zu Bethlehem auch anders in Erinnerung. Ganz anders.
Die scheinen dort in der Region ohnehin einen eher farbenfrohen religiösen Ansatz zu haben. Wenn auch bereits industriell fortschrittlich – ich war zumindest noch nie zuvor an einem Schild vorbeigefahren, dass vor einer Beschneidungsanlage warnt. Wobei Toni behauptet, ich hätte da wohl ein “D” zuviel hineingelesen. Aber was weiß der schon, ungetauft wie er ist.
Wir schlagen dem Navi ein Schnippchen, weil ich (ich!) eine Abkürzung kenne, auf der dann tatsächlich noch nicht mal Feierabendverkehr ist, lassen das Auto zu Hause fallen und machen uns auf zum Jazzkeller.