Aber von Anfang an: Gut organisiert wie ich bin, habe ich es geschafft, zwischen zwei Hunsrück-Reisen den Besuch meines Freundes Paul (Australier aus Kalifornien) zu quetschen und uns ein hübsches Touri-Programm zu zusammenzustellen. Zwischen Mittwoch Mitternacht (meine Ankunft) und Donnerstag vor High Noon (seine) habe ich Koffer ausgepackt, Wäsche gewaschen, eingekauft, Zug und Zeug für diese Woche gebucht, so noch a bissele rumtelefoniert und mails beantwortet. Und uns nebenher ein ganz wunderbares Frühstück mit vielen frischen Spezereien zubereitet. Dann war er da und der Resttag ging mit Ratschen und gut Essen so schnell rum, dass wir es gerade noch knapp geschafft haben, Pläne für die nächsten drei Tage zu schmieden.
Freitagfrüh habe ich mir dann einen Spaß daraus gemacht, mit meinem Man from Down-Under die Aussprache von Kürbiskernweckerl zu üben. Er hat die Herausforderung sehr elegant gelöst und bei Pfister und Vinzenzmurr jeweils des do geordert und kam mit einem Sack voll Brot, einem Pfund Wurst und der Ausrede zurück, es habe alles viel zu gut ausgesehen, als dass er hätte widerstehen können. (Es ist ja auch nicht so, dass ich das Gefühl nicht kenne – hat mich auch jedes Mal überwältigt, wenn ich grad frisch aus Kalifornien ankam.) Also haben wir gefrühstückt, als hätten wir eine 24-Stunden-Schicht im Bergwerk vor uns, dann eine Brotzeit eingepackt und sind ins Planetarium nach Garching aufgebrochen.
Um zum ESO Supernova – European Southern Observatory zu kommen, steigt man einfach bei mir unten in die U-Bahn und 40 Minuten später wieder aus – was haben wir das genossen, wo man doch gerade in Kalifornien auf Dauerentzug ist, wenn es um vernünftigen ÖPNV geht. Angesichts dessen muß ich auch mal eine Lanze für die MVG brechen: für unter 10 Euro die Nase über solche Distanzen und ohne große Wartezeiten den ganzen Tag unterwegs sein zu können, ist schon was Feines! Und wo ich grad am Lanzen brechen bin: wie schön, dass das Planetarium so gut finanziert ist, dass es immer noch keinen Eintritt von seinen Besuchern verlangen muss. Weil ich ja schon mal da gewesen war, habe ich besonders viel Zeit in der Sonderausstellung verbracht und kann sie nur jedem ans Herz legen, der gerne auch mal mit einem Lichtschwert oder einem Phaser hantieren will. Für alle, die einen ernsthafteren Ansatz haben: es geht um Laser, ihre Anwendung in der Realität und in Science Fiction Literatur und Filmen. Übrigens, Bonus-Tip: sollte ein Leser irgendwann wie wir auch von Jetlag geplagt sein, sei ihm als ruhiges und erholsames Plätzchen der Patio im Untergeschoß empfohlen. Schön schattig und an einem Freitagnachmittag menschenleer. Grad recht für ein Mittagschläfchen.
So, Samstagmorgen und wir laufen Gefahrt, dass uns das Essen ausgeht (das Pfund Wurscht von gestern scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Oder im Aussie, wer weiß.). Auf zum Markt. Den kaufen wir leer, denn wir wollen heute und morgen frühstücken, brauchen Snacks für den Nachmittag, eine Brotzeit für die Montagmorgenzugfahrt und am Samstag- und Sonntagabend wollen wir selber kochen. Und zwar mindestens Körbissoup, Avocado-Salat, Flammkuchenschneckerl (er hats gar nicht erst versucht, hätte aber sicher hübsch geklungen), Dumpfnudeln. Mile-High-Stroodle* und außerdem Sauerkraut mit ordentlich Fleisch- und Wurstzeug drauf und soviel Kesseler wie geht. Ja, wir finden mit der Zeit auch raus, dass das einfach zu wenig Tage für alle die Mahlzeiten sind. Aber hey, erst mal mit großen Augen feine Zutaten aussuchen.
Unser Ziel heute ist das Olaf Gulbransson-Museum in Tegernsee am schönen Tegernsee. Was Benennung angeht, scheinen die Ureinwohner nicht allzu phantasievoll zu sein, aber, Herrje, ist das schön hier! Zwiebeltürme. Muhkühe auf sattgrünen Weiden, Schaferl (oben und unten, wg. weiß-blauem Himmi), Bierköniginnenwahlen und Hexenverbr… Tschuldigung, Häckselfeste, Imkerhonig und Bärenmet, ein Dörferl mit lüftlbemalten Häusen und Geranienbalkonen am nächsten, Bergpanorama an glitzerndem See mit Schifferln drauf – mir tut von dem ganzen Idyll um mich rum inzwischen jede Plombe weh. Macht aber nix, denn wir sind da.
Außer uns wollen nicht viele ins Museum, dabei ist heute doch der letzte Tag der Marie-Marcks-Sonderausstellung. Marie Marcks, für die, die sie nicht kennen, war Karikaturistin und politisch aktiv in der Friedens-, Anti-Atomkraft- und Frauenbewegung, zu einer Zeit, als ich das auch war. Sie hat oft die Plakate für Demos entworfen, in denen ich mitmarschiert bin. Ich bin auf einmal total vergangenheitsüberwältigt und nehme meine beiden Buben so dermaßen mit auf einen Trip down the Memory Lane. Weil die eigentliche Gulbransson-Ausstellung eigentlich nur sehr viele Bilder eines exhibitionistisch veranlagten dicken Mannes zeigt, lassen wir sie, wie eigentlich immer, aus, und gehen stattdessen gleich zum Simplicissimus** und schauen uns Karikaturen an und lernen viel über deutsche und europäische Geschichte, schon allein, weil wirs jemandem, der in der Schule die Geschichte eines anderen Landes gelernt hat, richtig erklären wollen.
Dann ist Sonntag mit Faulsein und auf einmal kurz vor 6 am Montagmorgen und Abschied.
Safe Travels, Paul. And may the future be bright, Not glowing, though. 🙂
* Mile-High-Stroodle? Ich habe nie eine hübschere Übersetzung für Milirahmstrudel gehört. Ihr?
** https://de.wikipedia.org/wiki/Simplicissimus