Noch in der Mediathek: “Vorwärts immer”

Ob es noch einen Film über die letzten Tage der DDR gebraucht hat? Eigentlich nicht, aber wenn doch, dann diesen. Ich unterstelle jetzt einmal frech, dass das Autorenkollektiv (Markus Thebe, Günter Knarr, Philipp Weinges) gemeinsam “To be or not to be” geguckt (zur Erinnerung: eine Theatertruppe trickst als nationalsozialistische Führungsriege verkleidet im Krieg Nazis in Warschau aus) und daraufhin beschlossen hat, dass sie sowas auch können. Thema: Mauerfall. Uhund Action:

Krenz (ganz herrlich, Alexander Schubert als machtgeiler Intrigant aus der 2. Reihe) und Mielke (André Jung) warten im Politbüro auf den Generalsekretär der Partei, und als der kleine Mann mit Hut und ekelhafter Fistelstimme kommt (Jörg Schüttauf, hach!), wird nach wenigen Worten klar, dass er a) genauso abgewirtschaftet ist wie sein Staat und b) ist alles nur Theater, hahaha! (s. Lubitsch, oben).

Beim großen Honecker-Darsteller, der hinfort alle Klischees vom großen Heldendarsteller bedient (s. Lubitsch, oben) zu Hause stellt sich mittlerweile heraus, dass das Liebtöchterlein (Josefine Preuß) ein Verhältnis mit dem Sohn (Marc Benjamin) des größten Schauspielkonkurrenten hat und wg. vergessenem Kulturbeutel (wer denkt da nicht an den Farbfilm von Nina Hagens Michael?) nun von ihm schwanger ist, was aber der Vater niemals wissen darf, da sie noch heute in den Westen “rübermachen” will.

Zwischenzeitlich taucht die Opposition (Jacob Matschenz) auf und zieht zwei grausig lächerliche Agenten der Staatssicherheit nach und alle rasen in ihren putzigen Trabis über baumbestandene Alleen nach Leizpig, wo der Westpassfälscher und die Montagsdemos sind. Was dann folgt, ist mit allen bekannten Versatzstücken zugepackt und sehr vorhersehbar. Liegt halt in der Natur der Zeitgeschichte, ist aber dennoch unterhaltsam. Am allermeisten hat mir gefallen, wie geschickt Musik eingesetzt wird, alte DDR-Größen wie Puhdys, Karat, etc., sogar Wolf Biermann, den hört Margot Honecker (die große Hedi Kriegeskotte) heimlich. Sehr lachen mußte ich, als der Generalsekretär der SED zu “Auferstanden aus Ruinen” die frischgebohnerten Treppen des Palasts der Republik herunterstürzt.

Nun wird weiter so lange verwechselt und geslapstickt (s. Lubitsch, oben), bis der Schießbefehl storniert ist, ein paar Menschen die Gelegenheit bekommen haben, Zivilcourage zu zeigen (alle im Widerstand gewesen, alle), die Schauspielertochter in der S-Bahn nach Westen sitzt und dann reitet der Sozialismus zu einem 50er-Jahre-Westernarrangement über sieben Bücken in den Sonnenuntergang.

Wie ich einleitend schon sagte: wenn noch einer, dann dieser.

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