TGIF

Frage: Was ist der Superlativ von “trübsinnig”?
Antwort: Ein Industriegebiet an einem Freitagnachmittag bei regnerisch graubewölktem Wetter, die Straßen und Parkplätze menschenleer und selbst an der Tankstelle nichts los. Nicht mal Dorfjugend.
In der Dörther Variante drehen sich, fern am Horizont, dazu ein paar Windräder. Oft gegenläufig, was ich nicht verstehe, worüber ich aber eigentlich auch nicht nachdenken will.

Mich friert nämlich schon wieder. Ich hätte beim Kofferpacken dem Wetterbericht nicht trauen sollen, aber nun stehe ich da mit meinem kurzärmligen T-Shirt und einem leichten Baumwolljäckchen und schlottere im steten Wind. “Läßt sich lösen,” denke ich mir. “Habe ja eine Kreditkarte und Landeswährung an der Frau. Gehe ich halt los und kaufe mir einen schönen warmen Pulli oder ein Hoodie oder so.” Ja, so denke ich mir das.

Es ist nach sechs, die Geschäfte auf der Hauptstraße haben alle schon zu und das ist gut so, denn sonst würden potentielle Kunden womöglich über die hochgeklappten Bürgersteige stolpern. Und es macht auch nichts, weil es hier mindestens zwei Discounter-Cluster gibt, die bis um zehne nachts aufhaben. Ich brauche ohnehin noch Pantoffeln (keine 40° mehr, nicht mal 30°, also nix mehr barfuß gehen, weil kalte Füße) und könnte mich doch erst mal beim Schuh-Discounter warm kaufen und dann langsam steigern. Ich ignoriere alles, was glitzert und auf dem Tiere aufgestickt sind und werde ausgerechnet bei den Mädchenpantoffeln fündig. Die Innensohle ist zwar pink, aber dafür ist der sichtbare Rest in mutigem Mausgrau mit wenigen rosa Tupfen gehalten. Außerdem sind sie weich und billig und sowieso nur für unterwegs und alles ist besser als Eisfüße.

Nächster Stop: Der Klamottendiscounter nebenan. Oh je, vor der Tür an den Drehständern mit der “Super-Sale”-Ware flatterts bunt und bünter. Verdammt, obwohl meine Kolleginnen sie mir täglich vorführen, habe ich die modischen Vorlieben der beleibteren Damen aus Schwall, Ney, Niedert, Dörth, Norath, Utzenhain und Badenhard (viele davon weisen immerhin eine dreistellige Einwohnerzahl auf) nicht bedacht. Die müssen auch in der Metropole Emmelshausen shoppen, weils auf den Dörfern oft gar nichts gibt. Nicht mal eine Tankstelle. Die Damen aus dem Umland gehen ihrem Einkaufsbummel in Leggins nach. Ausnahmslos alle habens gerne vielfarbig und großgemustert und vor allem mit Glitter, Blink und Straß, Schleifelein und Bändchen sowie anderm Bammelgedöns und “pretty” und “pink” werden hier durchaus im selben Atemzug genannt. Oi wei, das wird nicht einfach.

Das findet die Verkäuferin auch. “Uni wird hier eigentlich nicht nachgefragt. Aber warten’Se…” und bringt einen Pulli in Schwarz, von dem vier, fünf Universen blinkern. Sternenhäufchen in Silber, Gold und (isjawurschtwiemansnennt) Bronze. Nein! Sowas kann ich nicht anziehen, auch wenn die Schultern ganz allerliebst mit einer Art Milchstraßenleuchtstreifen betont werden. “Haben Sie vielleicht noch was anderes in wirklich einfarbig? Ohne Glitzerzeug? Ganz egal, ob Jacke oder Pullover. Hauptsache warm.” Sie hält mich für einen hoffnungslosen Fall, dem jeder Sinn für das Schöne fehlt und empfiehlt mir, mich bei der neu eingetroffenen Übergangsware umzusehen. Da hängt sie dann auch, meine neue mollige dunkelblaue Jacke. Ein Einzelstück. Geht hier in der Gegend einfach nicht gut, sowas langweiliges.

Ich habe jetzt bloß noch ein paar Besorgungen beim Drogerie-Discounter zu erledigen und dann kann ich mir aussuchen, ob ich das Abendessen bei Netto oder Lidl besorge. Die haben einfach alles, die Emmelshausener.

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

1 × 1 =