Wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, muß es Regeln geben. Is klar, is gut und richtig. Hier in der Wohnanstalt gibt es besonders viele ausgesprochen wunderschön kryptische Vorschriften; die meisten sind mit Hand geschrieben, in längst verblaßtem schwarzen Filzstift auf inzwischen verblichenem Packpapier und liebevoll mit Isolierband in mehreren Farben gerahmt. Vermutlich ist hier in grauer Vorzeit einmal ein Deutsch-als-Fremdsprache-Hausmeister in den Dialog mit der Hausgemeinschaft getreten und hat Verbotten-Schilder aus dem Gedächtnis nachempfunden. Man versteht ja eigentlich auch, was er einem sagen will, es macht halt nur beim Lesen und sich Antworten ausdenken so sehr viel mehr Spaß…
Kommt mit ins Abenteuerland… Kartons vor Tonne kleinmachen Dahinter, darüber, darunter, daneben gildet nicht und schon klingts wie ein Abzählreim vom Arik Brauer (https://www.youtube.com/watch?v=hDeFYKmgePQ). Weiter zum vielleicht allerschönst plazierten “Bitte” in der langen Geschichte des teutschen Verbotsschildes: Spielplatz ist zum Spielen. Bitte. Herumlungern woanders. Als nächstes gehen wir in die Waschküche sowie zur Metaphysik: Wäsche hängt höchstens 24 Stunden Und dann? Was tut Wäsche, wenn sie einen Tag lang herumgehangen hat? Zieht los und sucht ihr Glück? Schreibt den großen amerikanischen Roman des 3. Millenniums? Man weiß es nicht und wird es nie erfahren, sicher ist nur: Benutzer dieser Waschanlage sind verpflichtet Wozu? Könnte man sich von dieser ominösen Pflicht entbinden lassen und wenn ja, wie? Ablasszahlungen? Opfern Erstgeborener? Ein simples Linsengericht? Man erfährt leider nur, was nicht hilft: Keinesfalls Schuhe nicht auch Vorleger. Okay, okay, okay. Was dann? Sie wollen hier nicht putzen. Will ich nie und nirgends, aber das scheint nicht das Thema zu sein.
Wir verlassen die Waschküche und leise weint mein Lieblingsschild uns hinterher: Kinder nicht mitnehmen Das, oh poetischster aller Hauswarte verspreche ich aus vollem Herzen. Die laß ich dir da. Alle.
Zum unsinnigsten aller Verbote gibts übrigens kein Schild: sonntags wird den Waschmaschinen der Strom abgestellt. Warum? Wieso? Weshalb? Kann einem keiner sagen. Ich habe ja Soziologen vom Ministerium für Einsamkeit im Verdacht – soviel Kommunikation wie unter den berufstätigen Samstagswäschern kommt hier in der Wohnanstalt sonst eher selten vor.