Achtung: der ganze blogpost ein einziger Spoiler!
Gutaussehende junge Frau, blondes Wallehaar, dürr, ledige Mutter (Shame! Shame! Shame!) einer ebenso hübschen aufgeweckten nunmehr zehnjährigen Blondtochter hat laut ärztlicher Prognose nur noch ein halbes Jahr zu leben. (Selber schuld, auf vorehelichen Sex steht in Amerika halt die Todesstrafe, mit ordentlich Leiden bis zum schmerzensreichen Tod. Dann Hölle.) Um ihr diese letzten Monate zu erleichtern, schickt der megareiche Ex-Lover der Mutter, der sie wirklich liebt, sich aber wegen ihr doch nicht scheiden lassen will (Status: it’s complicated) seinen Koch. Eine Haushaltshilfe? Medizinisches Pflegepersonal? Nein, nicht doch. Einen Koch. Im Voraus bezahlt, inklusive Miete und Medical Bills. Den ganzen Film über gibt es niemanden, der irgendwann mal Wäsche macht oder Dreck wegwischt. Es werden nur Lebensmittel eingekauft (von Mr. Church), geschnippselt, gehackt, sautiert, gebraten, gebacken, gedünstet und serviert (von Mr. Church). Er ißt auch nie mit der Familie am Tisch, soweit kommt’s noch. Mr. Church ist schließlich schwarz. Wenn man nicht daran schon gemerkt hat, dass es sich um eine Art Märchen aus der fernen Vergangenheit handelt (1988), dann spätestens daran, dass das Kind jeden Tag mit dem öffentlichen Bus zur Schule und wieder heimfährt. In Los Angeles, dieser Metropole des Öffentlichen Nahverkehrs.
Dann hält sich die Mutter nicht an den vorgesehenen Sterbezeitplan und das Kind wächst heran und Mr. Church kocht. Und kocht. Bis Mama schließlich doch stirbt und, weil sie immer brav Coupons ausgeschnitten hat, doch genug Geld im Haus ist, damit das Kind zur Uni nach Boston gehen kann. Ach was, gehen. Fahren. Das Coupon-Geld langt sogar noch für einen abgefuckten Käfer. Abfahrt. Nachwinken. Mr. Church ab. Wohin? Who cares? An der Uni ist das Mädel fleißig und lernt viel und läßt sich auch so gut wie nie von Parties ablenken, außer einmal. Dann klingelt es bei Mr. Church und sie steht sehr schwanger vor seiner Tür und er läßt sie ein und kocht für sie und dann für beide und das neue kleine blonde Mädchen wächst mit seiner hübschen blonden Mama im Hause Church auf und die Doktorarbeit bleibt ungeschrieben. Aus gutem Grund, denn “I am a mother now”. Und dann verdient sie ihr Geld mit einem ehrlichen Job als Bedienung in einem Diner und als ihre reiche Jugendfreundin mit der Stretch-Limo vorfährt (“You must have married well?” “Yes, both times!”) und sie und die Kleine vom New Yorker Goldluxusleben beim Shopping im Trump Tower zu überzeugen sucht, steht sie ihre ehrliche hartarbeitende Frau und reibt es der Freundin aber so dermaßen hin, wie oberflächlich und schal deren Leben ist. Die hat zwar Geld, kann aber wegen einer mißglückten Abtreibung nie mehr Kinder bekommen und ist damit als Frau nichts wert. Nämlich! Dazu kocht Mr. Church, in dessen Haus sie ganz selbstverständlich nach wie vor leben. Klar. Dann wird Mr. Church alt und krank, schmutzt aber nicht rum und der Junge, mit dem sie seinerzeit auf der Prom war, ist jetzt Arzt und kümmert sich gut um den Koch und lädt die Heldin zum Abendessen und später, denn sie waren eh schon immer füreinander bestimmt, in sein Leben ein. Während sie daten und sie nun endlich auf dem Weg ist, eine ehrbare Frau zu werden, sondert Mr. Church noch ein paar Lebensweisheiten ab und schläft schließlich friedlich ein und dann ist wieder eine Beerdigung und der frühere Klassenkamerad und spätere Alkoholiker und Selbstmordkandidat hat seine AA-Freundin geheiratet und die ist schwanger und Poppy, die reiche Freundin ist immer noch reich, aber geläutert und als alle gegangen und die Reste in Tupperboxen verräumt sind, holt unsere Working Class Heroine die Schreibmaschine (!) und den Promotionspapierstapel aus dem Regal (kein Staubkörnchen!) und dann trägt ihre penetrante Voice-Over-Stimme vor (wie schon den ganzen Film über), was sie nun gerade tut: sie schreibt die Geschichte von Mr. Church, wie er, als ihre Mutter nur noch sechs Monate zu leben hatte, in ihr Leben kam und kochte…
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann geht diese Endlosschleife weiter und weiter und weiter. Wie dieses Machwerk in der IMDb auf ein Rating von 7,7 Punkten kommen konnte, bleibt schleierhaft.
Das kommt davon, wenn frau für ihre Leser Trailer zu Captain Fantastic recherchiert und auf den für “Mr. Church” stößt; sowas Grausliges habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Der einzige Grund, weswegen doch nicht alles verloren ist: Eddie Murphy spielt den Part, das heißt, er läßt alles weg, wofür Eddie Murphy sonst steht und guckt ernst. Zum Glück ist es nicht Samuel L. Jackson geworden, der ihn wegen eines “scheduling conflict”* leider, leider nicht übernehmen konnte.
* Einen “scheduling conflict” (Doppelbuchung im Kalender) täuscht man im Angelsächsischen immer dann vor, wenn man zu höflich ist, den eigentlich Grund für die Absage zu nennen.