und dann ist endlich Thanksgiving, der Tag für die “Gratitude Attitude”. Schon heute früh auf der Autobahn war zu merken, dass die meisten sich wirklich ein langes Wochenende genommen haben, es war kaum Verkehr. Dafür haben sich die Stimmen der Radiowerbetreibenden überschlagen, welche Wahnsinnsbargains am Freitag auf die Early Birds warten (die Matratzenverkäufer waren wieder die eifrigsten Kämpfer in der Rabattschlacht). In den Nachrichten ging es vor allem darum, dass Manager im Einzelhandel doch für noch mehr Security sorgen sollen, damit nicht wieder – wie an allen Black Fridays in den Vorjahren – Menschen bei der Schnäppchenjagd totgetrampelt werden. In der zweiten Hälfte berichteten sie von einer Studie des Triple A (das hiesige Äquivalent zum ADAC) nach der 96% aller Amerikaner sich dieses Wochenende mindestens 50 Meilen von zu Hause wegbewegen und deshalb mit immensen Staus zu rechnen sei. (Inzwischen bin ich fast froh, dass ich arbeiten darf, dann bin ich wenigstens aus der Gefahrenzone.) Unser Bürogebäude war heute Nachmittag ab 3 fast vollkommen ausgestorben (nur ein kleines Häuflein wackerer Deutscher…) und die meisten Cafés und Restaurants in der California Street machen in den nächsten Tagen, wenn sie überhaupt offen haben, um 1 Uhr mittags zu, dann sind die, die verrückterweise arbeiten, abgefüttert und mit Laufkundschaft ist offensichtlich nicht zu rechnen.
Es ergab sich heute, dass ich im Abstand von einer halben Stunde von zwei Menschen deren Thanksgivingpläne erzählt bekam; ich fand das sehr interessant. Der erste war ein Geschäftsmann, der mit mir in Palo Alto den Zug bestieg und wir kamen ins Gespräch, weil wir uns beide über die Durchsagen hinsichtlich des “modified schedule” für den Freitag, der im Internet verfügbar sei, amüsiert haben – ihn einfach an den paar Bahnhöfen auszuhängen war anscheinend nicht möglich. Alex fliegt heute Nacht noch nach Chicago und von da aus mit dem Auto weiter nach Sonstwo, Illinois, weil er tut, was ein Mann tun muss. Und das wäre? Drei Tage im Haus seiner Eltern zu verbringen, sich wie ein Kind behandeln zu lassen und trotzdem nett und freundlich zu bleiben. Meistens fährt er am letzten Tag schon Stunden zu früh zum Flughafen und vertreibt sich die Wartezeit auf den Flieger mit Power-Surfen, weil’s daheim kein Internet gibt. Meinen Vorschlag, einfach zu behaupten, dass sein Wunschflieger ausgebucht war und er deshalb leider leider einen viel früheren (mit W-Lan an Bord) nehmen muss, fand er höllisch ausgefuchst. Will er machen. Wir haben uns so verquasselt, dass er beinahe verpaßt hätte, in Milbrae umzusteigen. Auch eine Variante…
Dann: Carmen, die Nachbarin. Sie bekocht morgen “Close Family”, das sind zwei Schwestern und der Bruder mit ihren Familien sowie Eltern und Schwiegereltern, man werde allein 9 Kinder zu Gast haben. Ihr Arbeitgeber sei aber ein guter und gebe immer einen zusätzlichen bezahlten Tag frei, den habe sie heute zum Vorbereiten und Putzen genutzt. Sie freut sich richtig, alle mal wieder um sich zu haben. Sie wird einen Schinken in den Ofen schieben (“who likes turkey anyway?” – das ist eine Frau nach meinem Herzen), jeder bringt was zu essen mit (“potluck”) und gespeist wird in der Garage von “disposables” (Einweggeschirr), dann ist es auch nicht schlimm, wenn was runterfällt. Ich habe meine Klappstühle angeboten und Platz in meiner Mülltonne, denn die armen Jungs von der Müllabfuhr müssen sowohl an Thanksgiving wie am Black Friday arbeiten (nur die Verwaltung ist “on Holiday Schedule”). Es wird ganz sicher laut und fröhlich und mit viel Mariachi-Musik…
Danach geht es dann nur noch um die Resteverwertung. Mein Supermarkt hat eigens online eine “Leftovers Lounge” eröffnet: http://www.safeway.com/IFL/Grocery/Thanksgiving-Leftoverslounge?om_u=CUIonD&om_i=_BLDQ5IB73oEaZW&#iframetop
HAPPY THANKSGIVING!