Dieses Wochenende war in San Jose richtig viel los: die große California Star Trek Convention, Halloween (diese Kombination führte dazu, dass Snow White (gelber Rock, blaues Samtmieder, Rüschenärmel, fertig ist der Disney) inmitten eines Rudels Klingonenkrieger zu finden war), und “Ansel Adams’ Early Years” im Museum.
Mit der Ausstellung haben wir angefangen, großartige Photos, wie immer. Jetzt einen Kaffee. Die Bestellung wurde von Mrs. Geröllheimer aufgenommen, das Servieren besorgte eine Hexe mit hohem schwarzem Hut – Halloween (amerikanisch wird das “Hollow-Ween” ausgesprochen) ist das hiesige Äquivalent zu Karneval. Und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. (Es gibt eine Unzahl von Halloween-Spezial-Geschäften, die vier Wochen vorher öffnen und alles anbieten, was jemand an Kostümen, Innen- und Außendekorationen, Sammeleimerchen, Kochbüchern, Tischwäsche, Besteck, sonstigen Zutaten, Kruscht, Zeug und Krempel möglicherweise noch nicht zu Hause hat. Natürlich gibts dieses Angebot auch in jedem Feld-, Wald- und Wiesenkaufhaus – und die Supermärkte sind voll von seasonal Lebensmitteln.) Getrunken haben wir das Gebräu (man hätte ahnen können, dass Familie Feuerstein den Kaffee aus gemahlener Lava herstellt) draußen, nachmittags um 5, im T-Shirt, bei warmer Sonne und dabei Leute geguckt. Allein ca. 20 Mr. Spocks, überdurchschnittlich viele Klingonen, ein versprengter Romulaner, allerdings, zu Tonis großer Enttäuschung, nicht eine Seven-of-Nine. Darüber hinaus Freddie Kruegers, Vampire und Vampiretten, Tote und Untote und alle kleinen Mädchen gingen als Prinzessin, in vielen Rüschen, mit Krönchen und goldenen Schühchen. Die Jungs meist martialischer, am witzigsten fand ich einen Dreikäsehoch, noch in Windeln, aber mit Darth Vader-Helm und immer ganz knapp davor, vollends nach vorne zu kippen (möglicherweise hat er allein wegen des Gleichgewichts den Windelwechsel laut schreiend verweigert). Vor lauter political correctness und weil irgendwem aufgefallen war, dass Halloween möglicherweise heidnische Wurzeln hat, hatten manche Schulbehörden den Kids nahegelegt, doch statt des üblichen Axtmörderkostüms eine Verkleidung als gesundes Gemüse zu wählen. Mir will scheinen, sie haben den Artikel (http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,658342,00.html) nicht gelesen (ich habe weder Karotten noch Brokkolies laufen sehen) und wenn doch, einfach ignoriert.
Wir hatten Eintrittskarten für eine der schon Wochen im Voraus ausverkauften “Halloween Special Spooky Flashlight Tours” im Winchester Mystery House. Dieses wildverwinkelte mehrstöckige verrückte Gebäude hatte die Witwe des Waffenfabrikanten Winchester im letzten Jahrhundert in mehr als 30 Jahre dauernden Bauarbeiten errichten lassen, weil sie, so ein Spiritist, nur auf diese Weise die Geister der von Winchester-Rifles Erschossenen bannen könne. (Wer mehr wissen will, und viel Zeit hat, sehe sich dieses Video und seine Fortsetzung an: http://www.youtube.com/watch?v=-wT1Nme4ppM&NR=1.)
Der Weg zur Tour führt durch den Gift Shop und wir haben uns alles angesehen: T-Shirts, die im Dunkeln leuchten, Heidelbeerhonig mit einem 5%Anteil Heidelbeeren drin, Grabsteine, die sich auf Knopfdruck öffnen und aus denen dann Geister kommen, die HUHUHU machen – alles sehr sehr sehr aufregend und spooky… und man denke: „Admission to Café and Gift Shoppe is free“. Wir haben trotzdem nix gekauft, wiewohl ich immer schon mal gerne ein T-Shirt der sozialistischen Republik Kalifornien (Roter Stern und Bär) besessen hätte, uns aber dafür die Ausstellung angesehen: Die Firma Winchester hatte nämlich nach dem ersten Weltkrieg auf einmal Schwierigkeiten, ihre Waffenüberproduktion unters Volk zu bringen und damit angefangen, zivile Ware zu produzieren: Fleischwölfe, Lockenwickler, Rasierapparate und alle “as good as the gun“.
Um 19:19 (Military time) rief der Pinguin zu Tour 8, jeder bekam eine Taschenlampe und dann gings im Stockdunklen treppauf und -ab, vorbei an Türen und Treppen ins Nichts, Wandschränken ohne Schrank (2 Türen auf Mauer) und dergleichen Spinnereien mehr. (Mrs. Winchester selig war sehr klein (knapp 1,40m), schmal und litt darüber hinaus an Arthritis, also hat man für sie winzige Stüfchen mit langem Auslauf kreiert, 44 davon um 9 Füße hochzukommen (=2,74 Höhenmeter). Am Ende roch der Pinguin ein bisschen streng. Ich habe ihn sehr bedauert, der hatte in diesem warmen Puschelkostüm in dem engen verwinkelten Haus noch mindestens 4 einstündige Führungen über 5 Stockwerke vor sich.
Nicht, dass wir die „Garden Tour“ gebucht hätten, aber so ein bisschen Frischluft in der lauen Sogutwievollmondnacht schien erstrebenswert. Also ergingen wir uns im Garten und schon hinter dem ersten Busch sprang eine Fee hervor, die Süßigkeiten verschenkte (und einen praktischen Plastiksammelbeutel dazu, mit – selbstverständlich – einer halbe Seite Sicherheitshinweisen aufgedruckt). Das ging dann noch eine ganze Weile so, Stallung: Skelett, „trick or treat“ sagen, Süßes bekommen, „Happy Halloween“ wünschen, weiter. Gewächshaus: Hexe, „trick or treat“ sagen…, Heizungskeller: Biber, … Kein Wunder, dass überall Plakate hingen, das Winchester House sei „Now Hiring“. Nach dem Abend können die Mitarbeiter bestimmt weder Zuckerzeug noch lustige Kostüme oder gar originelle Bemerkungen von Eintrittzahlern je wieder ertragen.
Nach einem wunderbaren Essen (Ravioli, gefüllt mit frischem Hummer) haben wir uns ins Vergnügen gestürzt, das heißt bei Starbuck’s einen Kaffee geholt, auf die Piazza gesetzt und Kostüme bestaunt. Teenies und junge Frauen ziehen offensichtlich ein ganz großes Vergnügen daraus, sich einmal im Jahr wie eine echte Schlampe zu kleiden und zu benehmen (im Rahmen der hiesigen Moralvorstellungen, natürlich) und so sah man neben einer großen Zahl von Adult-Manga-Style-Püppchen in knappen Wippröckchen und halterlosen Strümpfen auch Bitches mit dunkelst geschminkten Waschbärlookaugen auf Highest Heels in Netznylons (wie Mieder vorne oder hinten zu schnüren), sehr engen Kleinstkorsetts und breiten Ledergürteln, die als Rockimitat dienten. Die begleitenden Herren trugen Sternenkrieger- oder Ritterkostüme, einer ging als puscheliges rosa Schweinchen (ein Bild für Götter, sie hat ihr Schwein auf ihren Stilettos ewig überragt), und der Latino mittleren Alters (mit kleinem Schmerbauch und fettig angeklatschten Haaren) präsentiert sich ganz in Schwarz als Zorro, mit keckem Menjoubärtchen (Hemd verpflichtend eine Nummer zu klein). Ich plädiere sehr dafür, die Bezeichnung „Halbstarker“ für männliche Jugendliche wieder einzuführen. Es gab da den Wasser-Polo-Club aus Sonstwo und die Bengels haben eine halbe Stunde lang Männlichkeitsrituale aufgeführt. Zum Piepen. Die schicken wir das nächste Mal ins Kino…