Was du heute kannst besorgen

So sehr ich sonst Computer für alle möglichen Dinge einspanne, meine “Zu erledigen”-Listen schreibe ich immer noch mit der Hand, zum einen, weil die ganze Elektronik nicht mit dem befriedigenden Gefühl mithalten kann, einen Posten von der Liste zu streichen, zum anderen, weil ich auf Papier viel besser einschätzen kann, wann es wirklich allerhöchste Zeit ist, mit dem Abarbeiten anzufangen. (Das ist wie der Fortschrittsbalken auf dem Kindle. Der sagt mir gar nichts. Bei einem Buch kann ich meinen “Fortschritt” viel besser einschätzen.) Der richtige Zeitpunkt? Zum Beispiel heute, zum Beispiel jetzt gleich sofort – meine TO-DO-Liste war inzwischen auf zwei engbeschriebene Seiten angewachsen und umfaßte Mitteilungen wie “Kloreiniger ist aus”, “Zahnarzt!!!”, “Steuererklärung bis spätestens Ende Februar!” (Abgabetermin ist der 15. April, Tax Day, aber man kennt sich ja schon lange genug), “Yosemite Photos sichten und hochladen!!”, “Spülbürste”, “Waschbären ermahnen!!” und “Laura!!!!!!!”. Laura ist meine Physiotherapeutin und wie man an der Anzahl der Ausrufezeichen ablesen kann, hätte ich noch vor Weihnachten einen Kontrolltermin mit Fortschrittsvorturnen bei ihr absolvieren sollen.

Na guuut! Dann nehme ich mir den Freitag eben frei “to run some errands”. So heißt das hier, wenn man dies und das zu besorgen und zu erledigen hat. Laura hatte mir bestellen lassen, daß dieser Termin ausschließlich der Evaluierung gewidmet werde, “this is not a spa day!” Im Denglischen hieße das “Wellness”, was in Lauras Sprache bedeutet, daß sie keine drei Zentimeter tief unter der Haut gelegenen Triggerpunkte aktiviert und ich meine Dehnübungen selbst machen muß. Eine schweißtreibende Dreiviertelstunde schließe ich mit dem Gesamturteil 2-3 ab. Vieles ist schon richtig gut, das meiste fällt in die Kategorie “Fürwerktaglangts”. Wogegen wir (also ich) jetzt kämpfen müssen, ist Kompensation, also den Umstand, daß die stärkeren Muskeln für die schwächeren übernehmen und über die Zeit eine andere und neue Fehlhaltung entwickeln. “Solidarity is a risk”, sagt sie, und das werden wir (also ich) denen schleunigst austreiben. Ich werde mit einer Liste neuer schmerzhafter Übungen für jeden! Tag entlassen – sie sagt, ich könne den Fortschritt daran bemessen, daß diese, wie meine alten Übungen, irgendwann nicht mehr wehtäten. Hmmm. Dann vielleicht doch lieber der Fortschrittsbalken auf dem Kindle? Pfui, Sabine, sowas darf man als williger Jungathlet noch nicht mal denken.

Tägliche Übungen zur Liste hinzugefügt, alles andere nicht ausgestrichen – mir ist da nämlich was dazwischengekommen. Man hat ja auch seinen Bücherstapeln gegenüber eine Verpflichtung und so hatte ich am Donnerstagabend angefangen, “The Secret Place” von Tana French zu lesen. Mord in einem irischen Mädcheninternat und – von einem kleinen und vollkommen unnötigen und von der Autorin glücklicherweise nicht weiter verfolgten Ausflug ins Übersinnliche abgesehen – so sauspannend und gut geschrieben, daß ich nichts anderes mehr tun konnte, als lesen, umblättern, weiterlesen.

Zum Glück sind mir die Listengötter wohlgesonnen und haben am Montag einen Feiertag draufgelegt. Offensichtlich ohne sich mit den Wettergöttern abzusprechen, die haben den schönsten und sonnigsten Vorfrühling ausgerufen und die Art Wetter, bei dem Stubenhocken eine Todsünde ist. Plan für morgen: Das erste Dicke-Damen-Wassertritscheln der Saison – und zwar für Fortgeschrittene, ohne Neoprenjackerl, dann Dicke-Damen-Lunch, dann Errands. Eventuell.

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