Auf der Post (mal wieder)

“Mach dir nichts draus,” hatte Kollege Felix noch tröstend gemeint, als ich mich nach dem Mittagessen auf unbestimmte Zeit wegen ein paar Erledigungen (“errands”) auf der Post verabschiedete, “du bekommst bestimmt jede Menge neues Material für deinen Blog.”

Aber hallo! 2 nationale Einschreiben, ein internationales, und dann noch der Einkauf vermischter Briefmarken… sowas kann dauern. Vor allem, wenn der postbeauftragte  Schlangeneinweiser jeden Neuankömmling anbruttelt, er verstehe nun wirklich nicht, warum die Leute immer in der Mittagspause kämen – da seien die Schalter halt mal unterbesetzt. Ein weiterer Postbeauftragter, frisch von der Schulung zurück, wollte die Wartenden “encouragen”, es doch mit dem Automaten zu versuchen. Da warte keiner, und er stehe auch beratend zur Seite. Und natürlich sei mein Anliegen an dem Gerät zu lösen, das sei schließlich hochmodern und mit den Wünschen aller Kunden vertraut. Wider besseres Wissen bin ich ihm (als einzige aus der ganzen langen Schlange) gefolgt und dann haben wir gewogen, und Postleitzahlen eingetippt (er hat mich das Gerät dabei nicht ein ein einziges Mal berühren lassen) und dann auf “certified letter” gedrückt. Die Maschine fror quasi ein. Hmmm. Windowserfahren habe ich angeregt, einfach neu zu starten. Er hat den Stecker gezogen (Ausschaltknopf gibts nicht), und während das Gerät wieder warmlief, das Handbuch aus seinem Büro geholt (RTFM – hätte er das mal vorher getan…). Das durfte ich halten, während er wieder wog, den ZIP Code eingab und habe dabei gelesen, dass die Funktion für eingeschriebene Briefe von irgendeinem autorisierten Menschen freigeschaltet werden muss. Beim zweiten Einfrieren habe ich nachgefragt, ob das denn schon geschehen sei. Ach so. Also das wisse er beim besten Willen nicht, da müsse er erst mal telefonieren. Das seien halt so “issues” bei neuen Geräten, “these things happen”. Ich habe ihm, bevor er in seinem Kabuff verschwand, noch einen Platz ganz vorn in der Warteschlange abgehandelt, beziehungsweise ihn losgeschickt, das mit dem Schlangeneinweiser zu arrangieren. Hat geklappt.

Am Schalter gings dann ganz gut vorwärts, bis zu dem Moment, als die Postfachkraft entdeckte, dass bei “international” eine Zollerklärung aufgeklebt werden müsse. Ja, das mache ich gerne, dann bräuchte ich einen entsprechenden Sticker. Nein, da vorne, in der Box, wo die sonst immer liegen, sind keine mehr. Hmmm. Nein, sie hat auch keine vorrätig. Ob ich vielleicht morgen noch mal… Nein, bestimmt nicht! Tja. Mein Vorschlag, dass ich einfach außen auf den Umschlag schreiben könnte, dass innen Dokumente drin sind und das mit meinen höchstpersönlichen Initialen (das haben sie hier gerne) abzeichnen könnte, wurde wohlwollend aufgenommen. Damit waren die Einschreiben schon mal auf dem Postweg.

Nächster Schritt: Einkauf von Briefmarken. Hätte ich eigentlich auch am hochmodernen neuen Automaten machen können, bloß, der hat nicht alle Werte vorrätig. Und auch nicht in Heftchen à 20, sondern maximal 3 (von manchen auch 5) Stück. Eigentlich hätte ich noch hinreichend Briefmarken im Büro gehabt, hätte die Post nicht vor ein paar Wochen klammheimlich die Preise erhöht. Erfahren haben wir das nur dadurch, dass wir Post zurückbekommen haben, mit einem Riesenstempel drauf, dass unterfrankiert sei und einem handschriftlichen notierten Betrag, um wieviel; es handelte sich im Maximum um 4 cts. (Felix und ich haben beim Mittagessen einen möglichen deutschen Portoerhöhungs-Rollout konzipiert, es begann mit einer – hihi – Postwurfsendung an alle Haushalte…)

Man nennt die Erhöhung der Preise (national um 2 cents, international um 4, ein paar Zwischengewichtswerte auch um 3 cents) hier “price change” und es gibt jetzt ganz neu im freien Verkauf “price change”-Ein- und Zweicentbriefmarken. Bis vor ein paar Tagen konnte man die nur via Internet bestellen, natürlich mit entsprechenden Versandkosten. Es gibt verschiedene Designs und sie wurden mir alle gezeigt, bis ich dann endlich 2 Zwanziger-Heftchen à 1 und eines à 2 cts erstehen konnte, also 80 cts ausgegeben habe.

Rechnen wir mal zusammen: Personalkosten der Post (Automatenmann, Schlangensortierer, Schalterfachkraft, Return-to-sender-Briefstempler- und beschrifter), Miete, Energiekosten, Fuhrpark, Produktivitätsausfall bei all den Unternehmen, die einen Mitarbeiter zur Post schicken, um da errands zu tun, Honorar für die Briefmarkendesigner, Druckkosten (sehr schöne Vierfarb-Hochglanzmodelle, selbstklebend), Gummierung, Zahnung, Schnitt…

Und jetzt die Rechenaufgabe: wieviel Briefmarken zu einem Cent muss die amerikanische Post verkaufen, um mindestens einen Cent Gewinn zu machen? Wolfi Alpha hilf.

Am Rande – es gibt natürlich jetzt 44 ct (davon eine – aus gegebenem Anlass – mit “Purple Heart”) und 98 ct Briefmarken, aber die alten werden, wenn jemand nach 42 bzw. 94 ct Briefmarken fragt, weiterverkauft. Ohne Hinweis auf “price change”. Hab ich selbst gesehen.

Habe ich es einfach nur nicht verstanden und es handelt sich um eine nationsweite Arbeitsbeschaffungs- und erhaltungsmaßnahme? Allemal besser als der Bau von Autobahnen.

Obwohl…?

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