Gelesen: Jeff Lemire (Author), Dustin Nguyen (Artist) – “Little Monsters” (Vol. 1 + 2)

In der aktuellen Dystopie Lemires (er mag und kann das Genre einfach) lebt eine Gruppe von Kindern im Alter von ca. sieben bis siebzehn in einer zerstörten Metropolis. Die Großen haben ihre Rückzugsorte in der immensen Stadtbibliothek (Hach!) oder einem Musikladen eingerichtet, der Stumme findet Stifte und bemalt jede Fläche, die er erreicht, für die Kleinen sind die Ruinen ein einziger riesengroßer Abenteuerspielplatz und Rattenfangen ein Spiel. Bevor sie zu Tagesbeginn schlafen gehen, essen sie die Ra… nein, sie trinken nur das Rattenblut. Denn die Kindlein sind Vampire und Sonnenlicht ist tödlich.

Dann betritt ein Mensch die Szene.

Was dann geschieht, wer letztendlich menschlicher ist, Mensch oder Vampir, möge jeder und jede selbst lesen, denn es lohnt. Ich bin vom Duo Lemire/Nguyen seit ihrer Ascender/Descender-Reihe überzeugt und gefangen und würde mich sehr freuen, wenn auch andere zu ihnen fänden. Sie sind es wert.

Nachtrag: Ich weiß nicht, warum ich gerade nacheinander “Eclipse” und “Little Monsters” mit dem übergreifenden Thema von der Tödlichkeit des Tages gelesen habe. Manchmal fügt die gute Büchergöttin dergleichen einfach.

Es ist heiß, Baby

Eben die vergleichsweise kühlen Morgentemperaturen, na ja, was man derzeit eben so “kühl” nennt, denn es sind am bisher wohl heißesten Tag der aktuellen Hitzewelle um 10:00 Uhr früh schon 28°C, …also den späten Morgen genutzt, um rasch unten in der Passage ein paar Besorgungen zu erledigen und zum ersten Mal für heute vollkommen durchgeschwitzt in die tatsächlich halbwegs kühle Wohnung zurückzukehren. Da bleib ich dann erst mal… Muß ja zum Glück nicht raus und für andere Menschen denken und handeln. Hach!

Konstatiere: ich bin nicht mehr so hitzefest wie ehedem.

Gelesen: Zack Kaplan (Author), Giovanni Timpano (Artist) – “Eclipse” (Vol. 1 – 3)

“The Flare”, eine Sonnenanomalie, hat den Großteil des Lebens auf der Erde vor ein paar Jahren verbrannt, die wenigen Überlebenden sind in den Untergrund gegangen und betreten die Erdoberfläche nur noch nachts. Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang tritt eine Ausgangssperre in Kraft, alle müssen wieder runter, ins sonnengeschützte Dunkel. Soweit zur Ausgangslage der ausgesprochen gut gelungenen Graphic Novel-Reihe “Eclipse”.

Große Verbeugung vor Kaplan und seinem Team, allen voran Giovanni Timpano, der in klaren und extrem detaillierten panel-sprengenden Bildern das Leben der Menschen im Halbdunkel des Untergrunds, also ehemaliger U-Bahnschächte, Tiefgaragen, Untergeschossen von Konsumpalästen der zähen Stadt New York zeigt. Wie sie handeln und schachern, hausen, schlafen, betteln, essen, trinken, vegetieren, feiern, leiden, lachen und tanzen. Oben? An der Oberfläche sind tagsüber nur die “Icemen”, Männer in an Astronautenanzüge erinnernden Uniformen, die, so vor der Mördersonne geschützt, notwendige Wartungsarbeiten an der Energie- und Wasserversorgung durchführen und ihrer Aufgabe als neue Ordnungsmacht nachkommen. An dieser Stelle ein großes Kompliment an den Koloristen Flavio Dispenza, der mit seinen Farben das Flirren dieser tödlichen Hitze fühlbar macht – genauso wie das dauernde Fehlen von Licht und damit Farbe, wenn es wieder in die Tunnels geht. Ganz, ganz großartig.

Die Geschichte? Ein Team von Icemen findet bei seiner Inspektionstour an der Oberfläche eine verbrannte Leiche. Mist, Ausgangssperre verpasst? Nein, so einfach ist es nicht. Denn mit dem Blut des Toten ist ein Bibelzitat an eine Mauer geschmiert. Das kann dann aber nur jemand getan haben, der Sonneneinstrahlung überlebt, doch die Zahl der Icemen-Anzüge ist limitiert und personalisiert. Schon sind wir mitten in einer Welt von Politik, Gier, Intrigen und Korruption, in der dieser Mord noch das kleinste Problem ist. Ich bin gespannt, wie Kaplan alles auflösen wird, mir fehlt nämlich noch Vol. 4, die letzte Ausgabe, die derzeit nur antiquarisch in den USA zu haben ist. Ist wohl auf einem sehr langsamen Schiff…

Die Reihe ist ein Paradies für Comicbuch-Nerds, denn jeder Band enthält ein ausführliches Making of, in dem der Leser eingeladen ist, an der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte teilzuhaben. Kann man lesen, muss aber nicht.

Lesen! Lesen! Lesen!