Wir müssen reden

Mir geht diese Unsitte, dass Lebensmittel Botschaften für mich haben, sowas von dermaßen auf den Senkel, ey.

Damit meine ich nicht nur den der treuen Leserschaft bereits altbekannten Teebeutelphilosophen, der mich schon morgens, bevor der Tag im Büro so richtig losgegangen ist, mit Dummbinsenweisheiten wie “Jedem Nachteil steht ein Vorteil gegenüber” so richtig auf die Palme bringen kann. Nein. Es haben ja inzwischen alle was zu sagen.

Mein Joghurt beispielsweise schreibt mir: “Gesund für die Kuh – natürlich gut für Du”. Nein, okay, das war gelogen, das schreibt er nicht. Er kann ja nicht so gut reimen wie ich und schreibt “für Dich”, aber warum versucht er überhaupt, mit mir zu kommunzieren? Ich will das nicht. Ich will auch nicht darüber nachdenken, wieso Joghurt gesund für die Muhkuh sein soll (ist das nicht fast kannibalistisch? Und was ist mit Bullen, Ochsen, Kälbern?) und ob bei vier Mägen Links- oder Rechtsdrehung empfehlenswerter ist… da! Nicht das Hirn für so einen Dreck in Schwung bringen, verdammt!

Meine Milch steht ihm aber in nichts nach: “Ich kenne meine Wurzeln”, teilt sie mit. Ich will gleich widersprechen, dass das nicht sein kann, weil Kühe zur Fauna gehören und nicht zur Flora, sie läßt sich aber nicht unterbrechen. “Ich bestehe überwiegend aus Karton. Das Holz dafür ist ein nachwachsender Rohstoff.” Ah, hier spricht nicht das Lebensmittel, sondern die Verpackung. Schnauze, ey! Geht aber weiter, der Bruderpack daneben versucht es auf die Mitleidstour: “Ich habe eine zweite Chance verdient” jammert er, um im nächsten Satz mit seinen Karrierechancen als “Möbel, Palette oder Lieferkiste” zu protzen. Herrje! Wurscht, ob essbar oder nicht, ich will nicht von einem Lebensmittel und nicht von seinem Behältnis angesprochen werden. Mensch!

Den Rest gegeben hat mir heute Abend die Packung Grillwürste, die ich gestern nicht zum abgesoffenen Grillfest mitgenommen habe. Ich sehe das jetzt erst: Die reimt. Und zwar “Weisheiten der Currywurstgemeinde”. “Gelingt der Braten auch nicht immer – Currywurst. Du Hoffnungsschimmer.” Ich weiß nicht, ob es noch schlimmer geht, aber es langt.

Ich will und muss für heute schließen und irgendwo in einer Ecke vor mich hinweinen und von den alten Zeiten träumen, in denen es keine geschwätzigen Esswaren gab. Ruhe bitte!

Schon lang nicht mehr im Kino: “Hot Fuzz”

Der Film ist in Deutschland zu einer Zeit herausgekommen, als ich gerade anfing, mich in meiner Gastheimat zu akklimatisieren und noch dazu unter dem mehr als saudummen Titel “Zwei abgewichste Profis” und ich hätte ihn schon allein deswegen niemals freiwillig angesehen. Das macht aber nichts, die Komödie um den aus der Großstadt ins Dorf strafversetzten Überfliegerpolizisten hat sich gut gehalten und funktioniert auch fast 20 Jahre später noch.

Alles vollkommen vorhersehbar: der Neue (Simon Pegg) eckt in der engen Dorfidylle überall an, sein Sidekick Nick Frost ist ein tumber Tor, Kollegen und Vorgesetzte übertreffen sich beim Mobben und gegen alle diese Widerstände deckt der Auswärtige doch eine langanhaltende dorfweite Verschwörung auf und alles wird gut.

Natürlich ist der diabolisch grinsende Frauenheld und Sportwagenschurke sowie Einmal-Bond Timothy Dalton einer der Rädelsführer, natürlich stecken Dorfarzt, Wirtsehepaar, Vikar sowie sämtliche anderen Honoratioren als schwarze Kapuzenkonspiratöre unter derselben Decke, natürlich sind die reizenden alten Gartenpflegedamen schießwütige Amazonen, natürlich macht die beschlagnahmte Bombe im Asservatenraum zur rechten Zeit Bumm, natürlich werden im Showdown-Kugelhagel, bei dem natürlich das ganze Waffenarsenal aus der Scheune des eigenartigen Einsiedlers zum Einsatz kommt, nur die richtigen an- und totgeschossen und alle Beteiligten, inklusive der Zuschauer, haben einen Riesenspaß an den total überzeichneten Klischees.

Wenn’s denn schon wieder ein verregneter Juniabend sein muss, ist der so gut verbracht. Anschauen.