Nimmer ganz neu im Kino: Barbie

Hmmm.

Gestern Abend habe ich mir die andere Hälfte des Barbenheimer-Hypes angetan.

Hmmm.

Also “antuen” ist eigentlich ein zu böses Verb. Gerwigs Film ist bunt, der Cast großartig. Das Set sehr pink, aber mit hübschen Akzenten wie dem, dass die Barbie-Figur eigentlich zu groß ist für die Dream Houses und Dream Cars und alles drumrum. Diese Diskrepanz führt dazu, dass Margot Robbie (Hach! Hach! Hach!) sich wie eine eher steife Puppe bewegt. Bewegen muss. Das ist ziemlich toll. Oder der Moment, als in Barbies Trinkgefäß zum ersten Mal wirklich eine Flüssigkeit ist. Oder, mein Favorit, als sie Platt-, sprich normale Füße bekommt. Die zukünftige Schuhwahl dürfe dem Birkenstock’schen Börsengang zusätzlich Auftrieb verleihen.

Die erste Hälfte funktioniert nach dem Prinzip, dass eine Fremde sich in einer fremden Welt (die der Zuschauer natürlich in- und auswendig kennt, denn es ist ja seine) zurechtfinden muss. Selbst eine schlechte Regisseurin hätte das komisch inszenieren können, Gerwig macht das sehr gut. Margot Robbie ist eine ideale Besetzung für Barbie, wobei ich sie als Harley Quinn, eine Rolle, in der sie mehrschichtig agieren darf, sehr viel lieber mag.

Ryan Gosling hingegen. Ken. Hmmm. Kens Profession ist “Beach” (also hübsch am Strand rumstehen), sein Tag dann ein guter Tag, wenn Barbie ihn wahrnimmt. Ich weiß nicht, ob irgendwer diesen tumben Toren hätte gut spielen können. Gosling ist sichtbar unterfordert und damit fehlt dieser Figur, die so gar nichts hat, auch noch die Glaubhaftigkeit. Zum Trost darf er einen wunderbaren Satz sagen: “To be honest, when I found out the patriarchy wasn’t just about horses, I lost interest.”

Damit sind wir schon in der zweiten Hälfte angekommen: die Kens haben das Patriarchat entdeckt und halten das für besser als das Barbieachat. Also wollen sie in Barbieland die Verfassung ändern (ich hätte mich auch nicht gewundert, wenn sie das pinke Capitol gestürmt hätten und hinfort “Schamanen-Ken” in der Mattel-Produktpalette aufgetaucht wäre), um zukünftig in einem “Kendom” zu leben. Männer, Bier, Grillfleisch, Monstertrucks, die oben erwähnten Pferde und Bimbos.

Was muss her? Eine echte Frau (America Ferrera), hispanischer Herkunft, so viel Diversity muss sein, die den Bimbo-Barbies erklärt, was Sache ist. Wie schwer Frauen es haben, wie widersprüchlich das Frauenbild der Gesellschaft ist, wie schwer es ist, durch die Glasdecke zu stoßen, und angesichts des leidenschaftlich vorgetragenen Lamento fällt es den Bimbos auf einmal wie Schuppen von den Augen und wieder ein, dass sie eigentlich Writer-Barbie sind, und Doktor-Barbie, Präsidenten-Barbie usw. Der Coup wird abgewendet. Alle haben was gelernt und sprechen viel drüber.

Da schau, das Kino als moralische Anstalt.

Das ist gut gemeint und ehrenwert, halt nostalgischer Feminismus. Hübsch. Aber eben auch ein bisschen aus der Zeit gefallen.

Es reicht vollkommen, sich das anzusehen, wenn an Weihnachten mal wieder nur Wiederholungen im Fernsehen kommen und einem Sisi zu sehr auf die Nerven geht. Barbie ist da eine würdige Nachfolgerin.