Tod aus der Tube

In den letzten Tagen vermeinte ich manchmal aus der Küche Stimmen zu hören und höhnisches Gelächter, auch schien mir, ich sähe ich gelegentlich Schwarzflimmern. Isses soweit? Sehe ich Gespenster (mit Audio)? Oder rächt sich jetzt, daß profitgeile Immobilienspekulanten das Häuschen auf eine Indianergrabstätte errichtet haben? (Wobei die Indianer einem Stamm angehört haben müssen, der Seebestattungen vornahm, das Grundstück liegt unter dem Meeresspiegel und das Häuschen steht auf kleinen Stelzen.) Ach was! Um meine geistige Gesundheit ist es glänzend bestellt, es ist nur so, wie schon meine Grundschullehrerin befand: Sabine ist ein phantasiebegabtes Kind und muß sich davor hüten, abzuschweifen.

Die Lösung ist ganz einfach, ich habe wieder Ameisen. Die vereinzelten Kundschafter von neulich haben ihre Truppen herbeigerufen, damit die auch was zu lachen haben. Köder? Pah! Alles in Ziploc-Beuteln und Behältern mit dichten Schraubverschlüssen verpackt? Doppel-Pah! Das spornt allenfalls ihren Sportsgeist an. Außerdem, wo eine Ameise herkommt (aus dem nicht ganz dicht mit der Decke abschließenden Rohr der Dunstabzugshaube über dem Herd) sind Legionen in Wartestellung.

Come on, America! Eine Nation, die Agent Orange herstellen kann, muß doch auch ein Mittel gegen Ameisen haben? Schon. Es ist bloß auch schädlich für Menschen. (Agent Orange war vielleicht auch nicht das beste Beispiel.) Und es stinkt bestialisch! Wenn man’s draußen anwendet, ist der Geruch selbst nach ein paar Tagen noch präsent, obwohl es in San Bruno eigentlich immer windig ist. Das Sprühzeug fällt also flach, Köder verschiedenster Hersteller wegen erwiesener Nutzlosigkeit auch. Inzwischen lachen sich die Biester über die noch nicht einmal tot, sie machen vielmehr mit ihren vielen Beinchen Ätschebätsch-Gesten, gröhlen dreckig und marodieren weiter durch den Vorratschrank. Oder übers Wohnzimmersofa, oder den Laptopmonitor, oder den Spülstein und ich muß beim Körnerbrot höllisch aufpassen, daß ich nur esse, was sich nicht bewegt. Und außerdem widmet dieses Saupack den Wasserfilter zum Pool um. Aaarrgggghhh! Verschwindet oder sterbt! Mir wurscht, Hauptsache raus aus dem Haus!

Wenig hoffnungsfroh wieder einmal das Pestizid-Regal im Drugstore inspiziert und auf das “Ant Gel” der Firma SC Johnson  gestoßen (“a fifth-generation family company that makes leading global household brands including Glade, Pledge, Windex, Mr. Muscle, Raid, OFF!”). Das Gel möge man an schwer erreichbaren Stellen applizieren, dann brächten die Ameisen das Gift zurück ins Nest und “kill the Queen and the Young”. Die Amerikaner haben ein Talent zum Antimonarchismus (ich sage nur Tea Party und meine die erste), vielleicht taugt das was? Getreu dem Motto “Viel hilft Viel” kaufe ich zwei Tuben und stelle freitagabends frustiert fest, daß ich noch nicht einmal mit Leiter und weit ausgestrecktem Arm an diese verflixte Stelle am Rohr heranreiche, aus der sie in Massen strömen. Hmmm, da bleibt wohl nur, den Königinnenmord auf Samstag zu verschieben, wenn Sam von der Nachtschicht zurück ist. Licht aus, Küchentür zu!

Sam ist einfach der Beste! Er drückt großzügig Gel in die Ritze und kesselt die Biester mit strategisch geschickt gesetzten Klecksen auf den anderen Wanderbahnen ein. Hauptsache, sie holen sich irgendwo ihr Gift. “Hast du eigentlich auch Ameisen im Haus, Sam?” “Claro, es ist doch Sommer.” (Oder Herbst oder Winter oder Frühling.) Er sprühe sie immer mit so Zeug aus einer blauen Spraydose weg, die könne er gleich… Laß’ gut sein Sam, so eine Dose habe ich auch, aber das Gift kommt mir nicht in die Küche (s.o.). Dann empfiehlt er mir, geduldig zu sein und ein paar Stunden zu warten. Kann ich, ich nehme mir ein Buch und setze mich damit in den Garten. (Arne Dahl, Bußestunde; dazu später mehr.)

Abends: Das Gel scheint zu wirken. Außer ein paar versprengten und verwirrt wirkenden Ameisen ist keine mehr unterwegs. Mal schauen, wie das morgen sein wird.

Sonntag: ein unerschrockener Anführer hat eine gelfreie Strecke gefunden und führt seine Horden jetzt auf einer anderen Route in den Vorratsschrank. Es ist ihm jedoch entgangen, daß ich lang genug bin, um ihnen diese Strecke zu vergelen. Warte ich halt wieder ein paar Stunden, hab’ ja noch andere Bücher. Könnte auch aufräumen. Bloß nicht antsy* werden.

*”antsy”, wörtlich “ameisig” bedeutet auf deutsch “kribbelig”.

Teekesselchen

Ich kann immer noch nicht finden, daß der Teekessel aussieht wie Hitler, aber andere sind da scheint’s anderer Meinung, denn das Modell “Aryan Teapot” ist inzwischen vergriffen.

“Connect to your inner starfish”

Kaum läßt man mal eine Yoga-Stunde ausfallen, schon ist man ewig hinten dran und kennt die neuen Übungen nicht – seh’ ich vielleicht aus als hätte ich fünf Zacken mit Noppen druff?  Die neuen “Regulars” Kelly und Sana sind mit ihren inneren Seesternen schon verbunden und spritzeln fröhlich vor sich hin. Weil sie auch auch locker den Mindestgewichtsanforderungen für Schwergewichtsboxer genügen, schaffen wir es zu dritt lässig, den Babypool zum Wellenbad zu machen und haben unseren Spaß. Ich war allerdings not amused, daß so ein lederhäutiger Sixpack-Gigolo-Typ Handyfilmchen von uns gedreht hat.

Wie gesagt: unser Spaß. Nicht seiner.

Wiedergänger?

Vor mir ein Geländewagen des Typs “Freie Fahrt Für Freie Bürger”, mit extradicken Riesenreifen und Gewehrständern sowie einer Zusatzreihe Halogenscheinwerfer auf dem Dach. Auf der Reserveradhülle steht in Großbuchstaben in einem fetten aggressiven Font “FJS”. In Gelb auf Braun. Sieht aus, als müsse selbst ER bei einer Reinkarnation farbliche Konzessionen machen.

Sam zum Dritten

Obst und Gemüse ist geliefert, alle Rasen gemäht. Was fehlt nun noch zu “nice and clean”? Genau: Hecken schneiden. Das hat Sam der Gute heute getan.

Werde morgen jede Menge Zutaten kaufen und am Samstag Kuchen backen, sonst bekomme ich meine Schulden ja nie mehr abbezahlt.

Und wie er wieder da ist!

Nach der Viktualienlieferung gestern hat Sam heute meine Räsen gemäht. Alle beide. Vor und hinter dem Haus. Weil er’s einfach nicht sehen kann, wenn bei mir nicht alles “nice and clean” ist.

Ich wiederhole mich, kann’s aber nur immer wieder und wieder sagen: Ich habe einfach den allerbestesten Sam von allen!

Er ist wieder da!

 

Habe einen kleinen Konflikt: soll ich Sam irgendwann mal sagen, daß ich eigentlich keine Wassermelonen mag oder versuche ich einfach, eine Neigung zu entwickeln?

1000 x Nebel

Zufrieden läßt Frau Sedelmair von Studentenarbeitsamtfachabteilung “Nikolaus” den Blick über die vor ihr in Reih und Glied stehenden rotgewandeten Kandidaten gleiten: “Sehr fesch seh’n mir aus, meine Herren. [Nach einer kurzen Pause] Und Damen. Fast wie eine “Rote Flut”. Hihi. Aber so was wollen wir hier ja eigentlich gar nicht. Deswegen vergessen mir das jetzt auch wieder, gell? Soooo. Was fehlt? Genau. Jeder nimmt sich jetzt noch einen Bart von dem Stapel dahinten. Die hamma extra frisch reinigen lassen. Und ich will die genauso weiß und flauschig wie sie jetzt sind nach dem 6. Dezember wieder zurück. Genauso! Verstanden?” [Aus der Klausmenge hört man gebrummelte Wortfetzen: “Platzerl”, “Klebrige Kinderhände”, “Lebkuchen”, “Glühwein” und dergleichen.]

Aber nicht mit Frau Sedelmair. “Genauso sauber, wie sie jetzt sind. Keine Widerrede! [Halblaut:] “Wär’ ja noch schöner, wenn die jedes Jahr gereinigt werden müßten. Das macht mir doch die ganze Marge kaputt.” [Wieder an die Gruppe gewandt:] “Gemma, gemma, meine Herren. … Und Damen. Jeder einen. Und schön sauber wieder abgeben. [Kleine Pause, als müßte sie sich einer Floskel besinnen. Aufatmen, weil es ihr wieder einfällt.] Frohes Fest!”