Ist das jetzt tatsächlich schon wieder fast zwei Wochen her, dass wir den 92. Geburtstag meines Onkels mit “Pizza und Rotwein für alle” im Kreise seiner Lieben feierten? Des Onkels, wohlgemerkt, der in den letzten beiden Jahren seine Frau, seinen kleinen Bruder, seine kleine Schwester (meine Mutter), seinen Schwager (meinen Vater) und den einen oder anderen Freund und Freundin, nicht aber seinen unbändigen Lebenshunger verloren hat?
Man kommt ja zu nix.
Dann sind es auch schon wieder fast zwei Wochen, dass ich mit meiner Kusine hemmungslos mitsang, dass man uns doch bitte nicht verletzen solle und wir außerdem völ-lig los-ge-he-löst von der E-her-de Major Tom ins All schmetterten… weil nämlich im Eingangsbereich der Postmoderne-Ausstellung auf einer Leinwand in Dauerschleife nicht nur Boy George und Tom Schilling, sondern auch Roxy Music, The Clash und andere den Sound unserer Jugend wiederbelebten – bis wir, durch eben diese Leinwand gehend, in den großen Ausstellungssaal traten. Open Floor und alles von allem.
Architektur, Mode, Musik, Möbel, Körper- und andere Kunst, Design, Elektronik, Malerei, Kino, bunt und viel und wir waren da mal mitten drin. Das war unser Leben. Sex Pistols und Issey Miyake, Jane Fonda und Grace Jones, Arnold (damals noch Bodybuilder) Schwarzenegger und Vivienne Westwood, Frank Gehry und Paco Rabanne, Thomas Pynchon und David Lynch, American Psycho, Schulterpolster, Mondlandung, Alessi, dicke Haare, Vietnamkrieg. Alles von allem. Keine Trennung zwischen E und U. In einem der mehreren Nebenräume läuft ununterbrochen “Koyaanisqatsi”, in einem anderen glitzert eine Discokugel unter bunten Strahlern Highlights auf Fotos von Andy Warhol, Keith Haring, Grace Jones und ihrer Entourage, außerdem viele lines of coke während sie im Studio 54 Hof halten.
Die Ausstellung versucht, das Phänomen Postmoderne einzuordnen, den Besuchenden quasi einen roten Faden zu geben. Bei mir hat das funktioniert, ganz ohne Orientierung hätte ich mich in dem bunten anarchischen Durcheinander sonst irgendwann verloren. So hatte ich große Freude, viel wieder erkannt und viel neues gelernt. Hach!
Falls wer zufällig in der Gegend ist, die Ausstellung läuft noch bis Ende Januar. Falls nicht, nachfolgend ein Rundgang…
Und falls das auch zu lang ist, hier mein Lieblingsbücherregal meines funkelfrisch entdeckten neuen Lieblingsdesigners Ettore Sottsass.

… und ich habe ja keinen billigen Geschmack, will mir scheinen – das gute Stück ist für runde 15.000,00 Euro im Handel erhältlich. Gebraucht.