Wenn es jemand darauf angelegt hätte, das perfekte Gegenstück zu dem gräßlichen neuen Fahrenheit 451 Movie zu drehen, dann wäre dieser Film herausgekommen.
Die Kameraführung sehr ruhig und gelassen, die Farben gedämpft, lange unaufgeregte Einstellungen auf nichts als Meer und Landschaft. Die Geschichte vollkommen unspektakulär, eigentlich fast ein wenig langweilig: eine noch junge Kriegerwitwe (Emily Mortimer) erfüllt sich ihren Traum und eröffnet im Jahre 1959 in einem langweiligen verregneten Kaff an der englischen Küste eine Buchhandlung. Noch während sie die ersten Kartons auspackt, drängt sich ihr eine sehr junge Ladenhilfe auf (die unglaublich entzückende Honor Kneafsey) und schon bald wird ein schrulliger älterer very British gentleman (Bill Nighy, wer sonst?) ihr bester Kunde. Sie stellt ihm Bradbury vor (Fahrenheit 451, what a lovely coincidence) und sie reden sich die Köpfe heiß über “Lolita” – es ist herrlich anzusehen und, obwohl lang und getragen, nicht fade. Eine winzige, sehr keusche Liebesszene, die ich nur in Ermangelung eines besseren Begriffs so nenne, gestattet die Regisseurin Isabel Coixet den Beiden und die ist so herzerwärmend und liebevoll, dass sich mir selbst jetzt beim Schreiben in der Erinnerung ein Lächeln ins Gesicht stiehlt.
So, Romantik wieder aus. Die Welt ist nämlich nicht gut. Gute Menschen sterben, dafür intrigieren höchst lebendige zähe böse britische Society Ladies (Patricia Clarkson) und ihre willigen Helfer (James Lance) meisterhaft und schamlos. Ihre Borniertheit, ihre Beziehungen und ihr Geld führen schließlich auch zum Ziel, aber an unserer bücherhandelnden integren Heldin prallt die mit Gift getränkte Höflichkeit ab. Wenn man in England je wieder ein Modell für die “stiffest upper lip” suchen sollte, dann setze ich mein Geld auf Florence Green. Die Figur bleibt bis zum Schluß geradlinig, klar, determiniert und nicht korrumpierbar.
Der Film schert sich keinen Deut um die aktuellen Sehgewohnheiten (schnelle Schnitte, Bummklirrpeng), die Menschen sind nicht besonders schön und die Gegend auch nicht. Selbst die überraschende Schlußszene nimmt ihm kaum etwas von seiner Ruhe. Man muß sich darauf einlassen wollen. Ich wollte und kann ihn guten Gewissens weiterempfehlen, wenn sich wer die Zeit nehmen mag.