Stellenmarkt

Ich suche einen Job oder, wie’s auf neudeutsch-euphemistisch heißt, bin bereit, mich einer neuen Herausforderung zu stellen. Sollte ich vielleicht Geldwäschebeauftragter werden? Das mache mich, so die stellenausschreibende Bank, zum internen und externen Ansprechpartner für Geldwäsche und sonstige strafbare Handlungen. Das kann ich doch mit links, höret her: Menschen totschlagen? Böse, nicht tun. Des Nächsten Hab, Gut, Weib, Kind, Magd oder Knecht begehren oder ihm gar wegnehmen? Auch falsch. Geld waschen? Münzgeld in der Maschine bis maximal 60° C, Scheine nur ganz behutsam mit der Hand, sofort aufhängen und nicht zu heiß bügeln. Mir scheint, diese Stelle hab ich quasi sicher. Was wird denn sonst noch gesucht?

Ah, da, ein Director of Complaints Management. Kann ich, ich hör mir eh schon mein Leben lang die Beschwerden anderer Leute an. Ich bräuchte dafür nur ein commanding networker zu sein (kein Problem, muß nur noch rausfinden, was das ist), analytisch denken, strukturiert arbeiten, Übersicht über meine Projekte behalten und Englisch demonstrieren (who demonstrates excellent communication in fluent English). Hmmm, weiß nicht. Was gäbs denn außerdem?

Belohnungsexperte mit Sitz in München. Und was macht so jemand? Neu- und Weiterentwicklung von Gutschein- und Incentive-Produkten. Kann ich – und jeder, der jemals zum Muttertag ein Heftchen mit Gutscheinen für 2x Spülen, 3x Müll Rausbringen und 1x Ohne Widerspruch Instrument Üben verschenkt hat. Ich glaube, ich suche noch ein wenig weiter.

Im Landkreis Vorpommern-Greifswald rekrutieren sie per Zeitungsannonce jemanden, der sich für die Position des Beigeordneten der Landrätin zur Wahl (!) stellen möchte (Details: http://bit.ly/1Lqvmqy.) Ich möchte nicht.

Es reicht so langsam, für heute schließe ich die Stellensuche ab, hole mir ein Buch und genieße einen trägen Spätsommernachmittag auf dem Land, wo auf der Wiese gegenüber im Sonnenschein ein Schimmel wiehert, reife Äpfel vom Baum plumpsen, Vögel zwitschern, allerlei Insekten summen und brummen und die S-Bahn drüben am Bahnhof in Halbstundenabständen leicht unmelodisch quietschend bremst.

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