Da nimmt man Abflußfrei, das macht den Abfluß frei…

Lang, lang ists her, als der Kerl im Blaumann noch schmierig grinsend avisieren konnte, daß er gekommen sei, um hier ein Rohr zu verlegen – zwinker, zwinker – und man ganz genau wußte, was eigentlich gemeint war. Das muß ungefähr die Zeit gewesen sein, in der Hausfrauen ihrem Abflußreiniger zum Dank ein Jubelständchen brachten. Wir Frauen des dritten Millenniums sind unsere eigenen Klempner, das heißt, heutzutage wird nicht gesungen, sondern selbst gepümpelt und das an einem über 100 Fahrenheit heißen Tag (knapp 40°C). Mit der Situation angemessenen Flüchen und aus allen Poren (Poren, nicht Rohren, Manno!) schwitzend, weil das Dreckswasser in diesem Scheißspülbecken schon wieder nicht ablaufen will! Godverdommededom!! Nix, aber auch gar nix rührt sich in diesem Rohr! Noch nicht einmal ein mildes Babybäuerchen. Gar nix!

Dabei bin ich heute nicht als Klempnerin, sondern als Entrümpelungsfachkraft und Umzieherin angetreten. Und weil oben nix läuft, krieche ich aus lauter Frust tief in den Schrank unter der Spüle und finde im hintersten Eck eine seinerzeit unter viel Herzklopfen (was werden die am Zoll bloß sagen?) aus Deutschland importierte Flasche Rohrfrei. Während ich vorsichtig Granulat in den Abguß streue, formuliere ich im Geiste schon die These meiner Doktorarbeit in Ethnologie: “Risikoaffinität und Eigenverantwortung im deutschen und amerikanischen Kulturraum. Eine exemplarische Untersuchung mit Reinigungsmitteln” oder so ähnlich und erwäge, ob ich Procter und Gamble um ein Stipendium angehen sollte.

Deutsch: Kindersicherung an der Flasche knacken, selber 1 Eßlöffel Körndl abmessen, in den Abfluß geben, 1 Tasse Wasser nachgießen (nochmal selbst messen), Flasche wieder zuschrauben und für zukünftigen Gebrauch verstauen, einwirken lassen, kalt nachspülen. Effekt: das Mittel der Wahl ist giftig und wirkt, der Abfluß gibt ein paar sehr sehr herzhafte Rülpser von sich und das Wasser fließt wieder ab.

Amerikanisch: Flasche aufschrauben, irgendwie die innere Zusatzaluverschlußkappe aufstoßen (Messer, Gabel, Grillspieß), das Ding eindrücken oder abziehen, Flasche wegstellen und erst mal Hände waschen, weil es bei diesem Verschluß nie ohne Batzelei geht. Anschließend die ganze Bouteille “Liquid Plummer” in den Abfluß geben. Für hartnäckige Fälle wird empfohlen, sofort eine zweite Flasche nachzugießen, was sich meist ganz geschickt trifft, da man beim Kauf eines Flüssigklempners den zweiten zum halben Preis bekommt. Müllmenge: 2 Plastikflaschen, kein Wunder, daß die hier fracken wie der Teufel. Wie beim deutschen Produkt läßt man die Suppe eine halbe Stunde einwirken und spült anschließend mit richtig heißem Wasser nach. Effekt? Ja, recht besehen, keiner, funktionieren tut der Klempner aus der Flasche nur in einigen ganz wenigen Ausnahmefällen (Meine Quote: ein Mal in sieben Jahren.)

Was bleibt: ein Anruf bei den hilfreichen Spezialisten von “Miracle Plumbing” (s. https://flockblog.de/?p=25620) und wesentlich mehr Arbeitsplätze gesichert als mit einem lächerlichen Löffel deutschen Gifts, weil man hier selbst Erwachsene nicht mit wirksamen Mitteln hantieren läßt, es sei denn, sie täten es von Berufs wegen und sind gut versichert.

Und da ich mit mit diesen beschissenen Wasserleitungen nicht alleine bin, haben meine deutschen Kollegen beide bereits lebhaftes Interesse an der Restflasche Rohrfrei angemeldet.

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