“O Himmel, strahlender Azur! Enormer Wind, die Segel bläh!… “*

Der Mensch gewöhnt sich ja immer schnell, zum Beispiel daran, daß er nach viel zu früher Bettflucht jeden Morgen in den Genuß kommt, der Sonne beim Aufstehen zuzusehen. Stahlgraues Meer, kein Lüftchen, der erste Rosenstreifen am Horizont und dann steigt der grellorange Ball in den Himmel auf und spendet Wärme. Eine halbe Stunde später ist es Hitze und frau geht rein, Kaffee kochen und Sonnenhut holen.

Heute nicht. Heute funzelt irgendwo weit hinten ein bißchen helleres Licht durch eine dicke dunkelgraue Wolkendecke – das will ich gar nicht sehen, da schlafe ich einfach nochmal eine Runde. Ein weiser Entschluß, zwei Stunden später lacht die liebe Sonne wieder und hat sogar ihren Freund Kühle Brise mitgebracht. Das paßt, ich wollte eh vormittags shoppen und erst nachmittags an den Strand. Schnell den Ortsbus niedergewunken, dem Fahrer abgezählte 11 Pesos fuffzich in die Hand gedrückt und Bescheid gesagt, daß ich bei MEGA rauswill – wie gesagt, man gewöhnt sich schnell.

Mein Mitbringsel sind wie immer eßbar:Traubensalz (violett), Mangosalz (leuchtgelb), scharfe Salsas in braun, rot, grün und unbestimmt, Kaffee, gewürzt mit Zimt und Nelken, Queso mit Chilikruste, Pan dulce und… uiiiii, gerade kommen frische Scampi an. Ich sacke ein Dutzend ein (kosten umgerechnet noch nicht mal zwei US-Dollar) sowie ein frisches Knusperbrötchen. Mein Abendessen für heute ist gebongt.

Am Strand sind wir heute mehr als sonst. Kühle Brise, seine Kumpel Kalter Aufwind, Frisches Lüftchen, Sehr Frisches Lüftchen und ihr kleiner Cousin Sandaufwirbler. Der Kleine zeigt alle Symptome von ADHS und kann gar keinen Moment Ruhe geben. Balg, elendes! Dann gehe ich eben ins Wasser! Ich schüttele Sand aus Buch, Handtuch, Sandalen, verstaue alles in meiner Badetasche und betrete den Pazifik. Der hat offensichtlich sauschlecht geschlafen und auf jemanden gewartet, an dem er sein Mütchen kühlen kann. Er schmeißt mich hin und her und rollt dicke Wellen über mich und ich habe echt zu kämpfen, bis ich wieder Terra Firma unter mir habe. (Es hätte mir vielleicht zu denken geben sollen, daß die Surfer und ihre Bretter nicht im Wasser waren.) Sandaufwirbler freut sich unheimlich, daß ich wieder da bin und spielt mit mir „Panieren“. Scheißspiel! Ich habe Sand zwischen den Zähnen, in Ohren, Augen, Haaren, Nabel, Schuhen. Ich knirsche heim, dusche alles wieder in den Pazifik zurück – verschluck dich doch an meinem Seifenschaum, du Schurke! – und beschließe den Nachmittag auf meinem Balkon. Aus dieser Perspektive glitzert vor mir ein Ozean in samtigem Krönungsblau, geschmückt mit Mondschaumhäubchen. Ick kenne dir, du Wasser! Darauf falle ich nicht noch mal rein! Das hast du nun davon:

Morgen reise ich ab.

 

* Danke an Herrn B. aus A. für das Motto

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