Ein “Weather Day” ist die hiesige politisch korrekte Variante von “hitze-, schnee- oder kältefrei”; dafür habe sie, so meine jüngste Kollegin, das letzte Mal in der Grundschule freibekommen. Unser CEO ist nach Kindheit und Jugend auf Barbados und mehrjährigem Aufenthalt in Atlanta* mit allen Wassern gewaschen und von allen Stürmen verblasen worden, und hat angesichts der Wettervorhersage für morgen Heimarbeit verordnet: “DO NOT attempt to come to the office tomorrow as the equivalent of a small tropical depression with winds anywhere from 30-40 mph, gusting to 60 miles per hour is possible and rainfall amounts estimated at up to 3 inches for the day. ” (“Versucht morgen gar nicht erst ins Büro zu kommen; es ist ein Tiefdruckgebiet mit schweren Winden (die Windgeschwindigkeiten sind mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren) und Regenfällen bis zu 7,5cm vorhergesagt.”)
Das, was uns da ins Haus steht, nennt man im halbwissenschaftlichen Fachjargon einen “Pineapple Express Winter Storm” und wettererfahrene Einheimische unken sich das Maul fusselig. Unbedingt Taschenlampen parat haben; denn das erste was ausfallen werde, sei der Strom. Und wahrscheinlich auch Gas, also nicht nur naß, sondern auch kalt. Bloß nicht in der Nähe von Bäumen unterwegs sein, die würden einfach so aus dem Boden gerissen und durch die Luft gewirbelt und kämen auf der Autobahn oder harmlosen Passanten zu liegen. Und der Regen erst! Überflutungen, Schlammlawinen, Straßen und Brücken unter- und dann weggespült. Ganz ganz schlimm werde das werden.
Ich will das nicht kleinreden. Ich bin auch “emergency prepared”. Solange es Strom und Internet gibt, habe ich mehr als genug Hausaufgaben aus dem Büro zu erledigen. Sam hat vorsorglich den Rasen gemäht, damit das Wasser mehr Platz zum Abfließen hat. Darüber hinaus habe ich die Terassenmöbel gesichert, das heißt auf einem engen Haufen verkeilt, “electronical devices” bis zum Anschlag aufgeladen, Lesestoff in rauhen Mengen gedruckt auf Papier vorrätig, das MagLite liegt am Bett und genug zu essen und zu trinken, um mich – wie empfohlen – drei Tage über Wasser (hihi) halten zu können, habe ich auch im Haus. Zur Not wird bei Strom- und Gasausfall gegrillt, dafür stehen in der Garage zwei Säcke Kohlen und Wachsstreichhölzer.
Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, daß sich manche in ihrer Pre-Panic geradezu genüßlich suhlen. Wahrscheinlich alles “FOS”**. Brauchen tut das keiner.
Jetzt schauen wir erst mal, der Wind soll gegen Mitternacht stärker werden, die schlimmsten Regenfälle werden morgen zwischen 11:00 Uhr morgens bis ca. 18:00 Uhr abends erwartet. Zu fürchten brauche ich mich aber nicht, hat mir mein Energieversorger PG&E gerade gemailt: er habe einen Plan (http://bit.ly/1skDoWU). Ja dann.
* Atlanta liegt auf der “Dixie Alley”, die sich zwischen Ost-Texas und Arkansas über Louisiana, Mississippi, Tennessee, Alabama, Georgia, bis upstate South Carolina und dem westlichen Teil North Carolinas erstreckt und wegen der vielen schweren Stürme inzwischen nur noch “Tornado Alley” heißt.
** “FOS” habe ich gerade erfunden. Steht für “Friends of Sissy” – hier nachzulesen: https://flockblog.de/?p=24786