Nimmer ganz neu im Kino: The Judge

Gerissener Großstadtanwalt (Robert Downey Jr.) kehrt anläßlich der Beerdigung seiner Mutter nach vielen Jahren zurück in seine Fly-Over-Redneck-State-Heimatkleinstadt und trifft auf seine daheimgebliebenen Brüder, seine Jugendliebe und seinen immer noch allmächtigen und furchtbar gerechten Vater, den Richter (Robert Duvall). Der wird am nächsten Tag des Mordes angeklagt.

Damit ist die Inhaltsangabe zu Ende, ab jetzt kommen Spoiler.

Allen voran einer, der eigentlich keiner ist. Robert Duvall hat für “The Judge” viele Preise als bester Nebendarsteller bekommen. Die Preise zurecht, er ist in dieser Rolle zum Niederknien großartig und gibt wirklich alles – aber Nebendarsteller? Nein, da treffen zwei Hauptdarsteller aufeinander, zwei Alpha-Männer. Ich war fast überrascht, wie gut Robert Downey Jr. sein kann, das hatte ich nach den Sherlock- und Iron Man-Eskapaden schon beinahe vergessen. Diese beiden Sturköpfe treiben einander in einem Dauerkampf und unter ständigen gegenseitigen Schuldzuweisungen zu einer packenden Katharsis, so gut, daß es beim Zusehen wehtut.

Im Angelsächsischen heißt ein Nebendarsteller nicht Nebendarsteller, sondern “supporting actor”, also “unterstützender” Schauspieler. Die große Duvall&Downey Show wird sehr kongenial mitgetragen von Vincent D’Onofrio, dagebliebener älterer Bruder mit gescheiterter Sportlerkarriere, Gattin (ganz großartige Regieidee, denn die Rolle ist, außer blond und ständig anwesend, stumm) und zwei allamerikanischen Teenagersöhnen; Jeremy Strong, kleiner Bruder, dageblieben, weil zurückgeblieben, sozusagen der Forrest Gump der Richterfamilie Palmer; Vera Farmiga, Jugendliebe, Restaurantbetreiberin und wesentlich lebensklüger als der “slicke” Großstädter und dem wunderbaren Billy Bob Thornton als Anwalt der Gegenseite, der mit dem durchtriebenen Großstadtanwalt noch eine Rechnung offen hat; und dann sind da noch die Redneck-Rollen, pars pro toto die Mutter des Mordopfers, Grace Zabriskie.

Genug gelobt. Der Film hat einen Malus: dem sehr unterschätzten Publikum wird, was wann wem mit wem warum geschah und wie wer und was wann wessen Lebensweg wie warum wohin getrieben hat, ganz genau erklärt – ich hätte es lieber gehabt, wenn man mich meine Schlüsse selber hätte ziehen lassen.

Deswegen gibt’s nur zwei Anschauen! von drei möglichen.

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