Heute trifft sich unsere Aqua-Fitness-Gruppe zum ersten Mal außerhalb des Schwimmvereins und ich fahre sicherheitshalber eine Viertelstunde früher los, als mir Google maps rät, ich kenne mich und mein Talent, Orte nicht auf Anhieb zu finden. Nach den vorgesehenen 16 Minuten Fahrtzeit finde ich mich in einem Stadtviertel von San Mateo, wo sich nikotinfreier Apartmentblock an nikotinfreien Apartmentblock reiht und wo vor jedem Eingang mindestens zwei Raucher qualmen. Ich scheine richtig zu sein. Und genau eine Viertelstunde zu früh. Vor das Spratzeln im Pool der Eigentumswohnungsanlage hat die Verwaltung das Ausfüllen und Unterschreiben von “Waivern” gesetzt. Wir bestätigen, daß wir selbst schuld sind, egal, was uns auf dem Grundstück, im Pool und im Luftraum der Anlage zustößt und daß wir nie niemals nimmer nicht auch nur den entferntesten Gedanken daran hegen werden, sie zu verklagen, nicht in den USA und auch nicht in irgendeinem der Anlage bekannten oder unbekannten Land oder Universum.
Dann dürfen wir ins Wasser und weil nur Jan und ich da sind, die wir als fit gelten, legt Desha ABBA auf und einen Zahn zu. Wir hüpfen, strecken, dehnen, die Wellen wogen und auf den umliegenden Balkons stellen sich die ersten Zuschauer ein. Ich erwäge kurz, die Brille abzunehmen, nach der bekannten Logik, daß, wenn ich die nicht sehe, die mich auch nicht sehen, verwerfe das aber wieder, weil ich linsenfrei auch Desha “new moves” nur noch sehr schemenhaft erkennen könnte. Nach ca. 10 Minuten nähert sich eine Dame. Sie ist schätzungsweise in ihren Siebzigern und entblödet sich nicht, in einem Ich-bin-hier-neu-und-will-bei-euch-mitmachen-Kleinmädchenton, -duktus und -körpersprache um Aufnahme zu bitten. Von mir aus hätte sie auch wie eine erwachsene Frau fragen können, aber trotzdem, wir sind ja nicht so und Desha kann die extra Kohle gut gebrauchen, also hol deinen Badeanzug und hüpf rein. Jan ist wenig amused. Da hat sie extra bei der Verwaltung das Sommerasyl für unseren Kurs durchgeboxt und dann kommt die “Bitch of the Block” daher und macht ihr die Hausherrinnenrechte streitig. Neuzugang Roberta gibt sich alle Mühe, ihrem Beinamen zu entsprechen. Das Wasser ist zu kalt, der Boden im Pool zu abschüssig, die Übungen zu schwer, das kann sie nicht, dies mag sie nicht, das hat der Doktor verboten. Kann Desha das nochmal vormachen? Und dies auch? Desha geht ganz in ihrer Rolle als geduldige Lehrerin von Neulingen auf, zeigt, turnt vor, hilft mit Alternativen, aber das Wasser ist immer noch zu kalt, der Beckenboden schief und windig ist es auch. Jan wird immer zappeliger. Warum, zischt sie mir zu, tragen wir wohl im Schatten der Hochhäuser Neopren? Hmmm? Ruhig, Brauner! Wir waren auch mal Anfängerinnen. Alles gut. Come on, Honey. Wir ignorieren das Gejammer jetzt einfach und haben Spaß.
Fürs nächstes Mal nehmen wir noch eine Abschlußrunde im Whirlpool auf die Liste und dann fangen wir an, unser Pool-Parteeeh für den letzten Tag im Condo-Pool zu planen. Mit Grillen und Potluck und überhaupt. Und wenn Roberta auch kommt, dann schubsen wir sie einfach mitsamt ihrem Martini in ins Wasser. Jan freut sich jetzt schon.