Ich weiß, wir wollen die BBC nicht mehr so mögen wie damals zu ihren Glanzzeiten. Das heißt aber nicht, dass dort nicht manchmal auch heute noch brillante Fernsehunterhaltung produziert wird. Wobei… Wobei es wirklich schwer ist, sich festzulegen, ob man mit “Inside Man”, einer vierteiligen Miniserie mit jeweils einstündigen Folgen, ein freches sehr dunkelschwarzes Schelmenstück gesehen hat, oder, wie viele IMDB-Bewerter meinen, “utter shyte”.
Ich habs ja erst mal nur wegen der Schauspieler geguckt. Diese Besetzung! Hach! Diese Besetzung. Stanley Tucci als hochintelligenter Gattinnenmörder und studierter Kriminologe, in einer Zelle on Death Row und mit einer Neigung, seinen inneren Sherlock Holmes von der Leine zu lassen. Quadruple Hach!, mindestens. David Tennant, einer meiner Allzeit-Lieblinge, als “The Fucking Vicar”, der durch eine Verkettung unglücklichster Umstände zum Täter wird und auf einmal Dolly Wells, die Mathe-Nachhilfelehrerin seines Sohnes angekettet im Keller des Pfarrhauses gefangen hält. Diese, ein ganz herrliches Biest und eine Edel-Bitch allererster Güte, gibt Lehrstunden in Manipulation. So gut, dass Niccolo Machievelli vor Neid ergrünt wäre.
Das sind nur die Hauptrollen. Jede Nebenrolle ist perfekt besetzt (Casting-Oscar, ich sagte das schon) und die Herr- und Damenschaften holen alles aus ihren Rollen heraus. Der Plot ist, hmmm? Hanebüchen? Schräg? Vollkommen daneben und Gewalt verharmlosend? Stimmt alles, aber muss das zwangsläufig was Schlechtes sein?
Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, bin ich soweit, die Serie zu empfehlen. Zwei Bedingungen: man muß in der Stimmung für very British Brutal-Nonsense sein und sich darauf einlassen wollen, auch auf die Löcher in der Geschichte. (Warum verhält sich die mit allen Wassern gewaschene Journalistin (Lydia West), wenn sie in der U-Bahn von einem dummen Kerl belästigt wird, wie das totale Hascherl und wird dann aber umgehend wieder zum investigativen Toughie? Was treibt den Priester zu seinem Opfer und warum kommt er aus der Nummer nicht mehr raus? Wer, zur Hölle, speichert seine Pornos auf Memory Sticks?) Zweite Bedingung: Nicht mehr als zwei Folgen an einem Abend.
Das heißt, man ist in zwei Abenden durch und wurde, sofern man sich an Bedingung 1 gehalten hat, gut unterhalten. Das ist für Fernsehen doch schon mal ganz schön viel.
Bonus-Tip: Bei Folge 4 bis nach dem Abspann durchhalten. Da kommt noch was…
PS: Ich lese eben: kommt demnächst auf Netflix. Also, falls es an Allerheiligen regnet…