“The Book of Mormon” (Musical)

Die Schöpfer von South Park und Avenue Q haben die Welt um ein Musical bereichert und am Broadway säckeweise Tonys abgegrast. Bis sowas einmal über den ganzen Kontinent als Gastspiel in unser “neck of the woods” kommt, vergeht ein Zeitel. Aber am Samstag wars soweit. Endlich! “The Book of Mormon” handelt (Überraschung!) von Mormonen und Mormonenmonologen von Mormonenmissionaren  – und ist richtig lustig, was unter anderem daran liegt, daß schon die Gründungsgeschichte dieser Religion vollkommen absurd ist und noch schräger wird, wenn man sie singt und tanzt. Fast hätten sie es geschafft, mich mit dem Konzept “Musiktheater” zu versöhnen. Fast. Doch dazu später mehr.

Erst möchte ich von dem Herrn erzählen, der hinter mir saß. Es muß sich um einen direkten Nachfahren des prüderen Flügels auf der Mayflowerpassagierliste gehandelt haben; jedes Mal, wenn auf der Bühne ein vermeintlich anstößiges Wort fiel, schlug er sich in großer Louis de Funès-Geste die Hand vor den Mund und wiederholte fassungslos “Asshole (tits / cock / fuck usw.). He said asshole (tits / cock / fuck usw.)” und schob ein kleines nervöses Kichern nach. Angesichts der schieren Häufung war er gegen Ende der ersten Halbzeit nahe am Infarkt und meine Innere Marthe Schwerdtlein kurz davor, ihm ein Riechfläschchen zu offerieren. Hat’s aber dann doch nicht gebraucht, denn nach der Pause zog sich die ganze Sache ein wenig. Man hatte das eine oder andere Liedlein schon gehört und daß der wirklich wirre (und bedauerlicherweise aus dem echten Leben gegriffene) “General Butt Fucking Naked” via Taufe zum hundertfünzigprozentigen Konvertiten wurde, hat’s dann auch nicht mehr herausgerissen. Merke: bloß, weil einem das Schreiben soviel Spaß macht, lassen sich die Ideen für eine zweistündige Vorstellung nicht auf drei Stunden strecken. Auch nicht gesungen und gesprungen und gejodelt und getanzt. Nicht mal von dunkelhäutigen Menschen in farbenfrohen “König-der-Löwen”-Kostümen. So scho grad ned! Und wieder sind, obwohl ich mich streckenweise wirklich amüsiert habe, das Musiktheater und ich nicht zusammengekommen.

Randnotiz: Die Veranstalter in San Jose haben sich ihr Programmheft mit Kleinanzeigen von ortsansässigen Geschäften sponsern lassen – und mit drei ganzseitigen von den Mormonen, wobei ich nicht weiß, ob das ein Zeichen von Selbstironie oder genialem Marketing ist. Erste Anzeige: ein weißer Mann, zweite: eine pan-asiatische Frau (irgendwie mandeläugig und mit Elfenbeinteint), die dritte: ein schwarzer Mann – und alle lächeln gewinnend und fragen, ob man denn nicht nach der Show nun doch lieber das Buch lesen wollen würde – das Buch sei doch immer besser. Da fehlt doch wer? Ich habe wild geblättert und nach einer Latina gesucht. Keine da.

Kein Wunder, eigentlich. Latinos sind keine erfolgversprechenden Kandidaten, bei denen waren die Katholensöldner ein paar Jahrhunderte früher dran und erfolgreich. Wer seit Abergenerationen deren Gehirnwäscheprogramm durchläuft, der hat genug Unfug im Hirn und glaubt nicht auch noch an den Engel Moroni, Zusatz-Evangelien aus der Neuen Welt oder daß Jesus sich für die Zeit zwischen Kreuzigung und Wiederauferstehung kurz nach Amerika gebeamt hat.

Meine beiden Lieblingsnummern:
https://www.youtube.com/watch?v=xLb7_UrV3-A (mein Hintermann ist beim Zuschauen fast vornüber gefallen)
https://www.youtube.com/watch?v=vhVFgko6ik8

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