Seit ich in Deutschland bin, ist meine Muse abgängig. Wir haben sonst ein sehr enges Verhältnis und sie neigt dazu, mich – unabhängig von der Tageszeit oder meinen Plänen (denen schon gar nicht) – in ihre leidenschaftlichen Umarmungen zu zerren und unter heißen Küssen und vollkommener Ignoranz von Hunger oder Harndrang mit halblaut heiser gehauchtem “Schreiben…, weiterschreiben…, schreib das auf!” zu meiner Chronistinnenpflicht anzuhalten. Dann tue ich wie geheißen und sie begleitet jedes meiner Worte und die oft schwere Geburt ganzer Sätze und Abschnitte wohlwollend mit den Beflügelflügeln schlagend. Aktuell rauscht sie höchstens mal ab und zu vorbei, tätschelt mir den Kopf, kommentiert meine Beobachtungen mit einem herablassenden “ja, ganz hübsch”, tritt ungeduldig von einem Bein aufs andere, bis ich sie notiert habe und wusch! ist sie wieder fort.
Muse, wir müssen reden! Ich bin nicht sicher, ob du die Aussicht auf einen Deutschlandaufenthalt mit Ferien verwechselt hast (sollte sie inzwischen aus leidvoller Erfahrung besser wissen) oder ob in der Musenverwandtschaft im Mai viele Familienfeiern anstehen (was bei acht Schwestern nicht überraschend wäre) – aber dann sag doch was! Kann man sich ja absprechen. Laß mich doch bitte nicht einfach so im Regen stehen. Oder bist du etwa… eifersüchtig? Weil ich nicht so viel Zeit für dich habe wie sonst?
Mußt du nicht. The rainy days are over, wir sind bald wieder in Kalifornien. Also pack dein Zeugs und melde dich zum Dienst! Es gibt viel zu erzählen.