Kalifornien geht in das nunmehr vierte Dürrejahr, die Pegelstände in den Stauseen sind auf einem Rekordtief, Schmelzwasser zum Auffüllen wird es mangels Schnee nicht geben, El Niño hat die Region ignoriert und die Regenzeit ist im wesentlichen niederschlagsfrei an uns vorbeigegangen. Appelle an Vernunft und gesunden Menschenverstand sind bei den Kaliforniern auf staubtrockenen Boden gefallen, was sich unter anderem daran zeigt, daß Rasen gerne wieder zur Mittagszeit gesprengt werden (und morgens und abends nochmal), die Grünflächen auf Golfplätzen nach wie vor in bestgepflegtem Zustand sind und die reinliche Nachbarin von gegenüber nach dem Fegen den Gehweg vor ihrem Haus eine Viertelstunde lang gründlich wässert. Auf die Frage nach dem Wieso antwortet sie ehrlich verwundert, daß sie nicht wolle, daß der ganze Staub ins Haus getragen werde und hält mich, die ich das nicht tue und den Staub mit einem Achselzucken abgetan habe, seitdem nicht etwa für einen Wassersparer, sondern für einen Dreckspatz.
Da Kaliforniens Bürger nicht willig sind, freiwillig ihren Wasserkonsum um ca. 20% zu drosseln, droht der Staat halt mit Gewalt. Seit 15. März gibt es neue verschärfte Wasserkonservierungsrichtlinien. Wohlgemerkt: Richtlinien. Die Kontrolle, wie und ob diese Richtlinien umgesetzt und wie und ob die Nichtumsetzung im Einzelfall (mit Strafen bis zu $500) sanktioniert wird, hat der Bundesstatt großzügig an Kommunen, Landkreise und die sogenannten “Water Districts”* delegiert und die werden den Teufel tun, sich auf Auseinandersetzungen mit ihren großen Gewerbesteuerzahlern einzulassen.
Wie sehen denn nun die neuen Richtlinien aus?
Gastbetriebe dürfen Wasser nur noch auf Nachfrage servieren
Um die Erfolgsaussichten dieser Maßgabe einschätzen zu können, muß man wissen, daß ein Glas Eiswasser bisher sozusagen zum Begrüßungsritual gehört und Zuverlässigkeit und Tempo des Nachfüllens eine der Grundlagen zur Berechnung des Tips sind. (Service-Personal wird traditionell mit Hungerlöhnen bezahlt und deswegen ist das Trinkgeld ein wesentlicher Bestandteil der Existenzsicherung.) Weil aber die neue Regel voraussetzen würde, daß der Gast sie a) kennt und b) bereit ist, von einer Gewohnheit zu lassen, kann ich mir kaum vorstellen, daß sie umgesetzt wird. Außerdem ist sie mit der Frage “Was wollen Sie trinken?”, noch während der Gast an seinen Tisch geführt wird, in der Praxis einfach zu umgehen.
Klingt hübsch, bringt nichts.
Übernachtungsbetriebe müssen ihre Gäste darauf hinweisen, daß sie die Möglichkeit haben, Bettwäsche und Handtücher nicht täglich gewaschen zu bekommen (doch, es wird exakt solchermaßen umständlich fomuliert “the option of choosing not to have towels and linens washed daily”).
Das wird klappen, vor allem, weil Hotels damit ein Heidengeld sparen. Deswegen gibt es diese Schildchen auch schon fast überall und die Frage ist nicht, ob mit weniger Wäschewaschen Wasser gespart wird, sondern nur, wieviel mehr. Wirklich sinnvoll wäre zum Beispiel die Umstellung von Toiletten etc. auf Nutzwasser. Das wiederum bedeutet Investitionen, also Kosten für Hotelbetreiber. Steuerzahlende Hotelbetreiber. Und sowas vorzuschreiben? Da sei der “In-God-We-Trust” vor.
Klingt hübsch, ist aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Es ist Kaliforniern zukünftig verboten, in den ersten beiden Tagen nach Regenfällen (“measurable rainfall”) ihre Außenanlagen mit Trinkwasser zu bewässern.
Leider haben sie unterlassen, “measurable rainfall” zu definieren. Reine Augenwischerei.
Die nächste Richtlinie muß man sich auf der Zunge zergehen lassen:
Kommunen, Landkreise, “water districts” und private Unternehmen werden aufgefordert (!), nur noch an zwei Tagen pro Woche Außenanlagen zu bewässern, wenn sie nicht bereits jetzt eine Höchstgrenze an Bewässerungstagen festgelegt hatten. Sollte diese Höchstgrenze bei drei oder mehr Tagen liegen, dann muß die Zwei-Tage-Regel nicht umgesetzt werden.
WTF?
Whom are you kidding? Brunnen trocknen aus, ganze Städte hängen schon am Wasser-Truck-Tropf, Wasserpreise steigen weiter und Rationierungen wird es im Sommer ohnehin geben müssen. Aber die Golfplätze sollen weiter schön grün bleiben?
Niemand findet räudige Rasen schön. Verstehe ich. Aber in dem Wüstenklima, das aktuell in Kalifornien herrscht, sollte es doch keine Frage sein, was wichtiger ist, Trink- und Koch- und Waschwasser oder grüne Wiesen? Was ist bloß aus “Brown is the new Green” geworden? Warum geht das nicht in die Köpfe?
* “Water Districts” sind ein Relikt aus den Zeiten als der Westen noch wild war und der Anspruch auf Grundbesitz (“Claim”) mittels Waffengewalt erhoben und durchgesetzt wurde.