Unser Pineapple Express weiß vielleicht nicht, wie er heißt**. Er ist aber vor allem eines: LAUT. Und NASS!
Hier für Mitfühlende die Chronologie einer sehr schlafarmen Nacht.
02:00 Uhr
Der Sturm tobt nach dem Prinzip “Sieben Mal tief einatmen und dann die ganze Luft auf einmal auf einem Bein im Kreise hüpfend bellend ausstoßen”. Das Häuschen bebt und schwankt, ich auch.
03:30 Uhr
Ein friedlicher Landregen setzt ein. Dazu läßt sich wunderbar wegdösen.
04:15 Uhr
Sturm und Schwerstregen tanzen eine wilde Polka. Das Abdichthandtuch am Schlafzimmerfenster hat aufgegeben und inzwischen ist das Fußende meines Bettes naß. Rede ich mir halt ein, daß lang ausgestreckt schlafen ohnehin überschätzt wird. Außerdem muß ich sowieso aufstehen, das klitschnasse Triefhandtuch zur Badewanne tragen und durch eine noch größere und trockenere Handtuchrolle ersetzen. Puh, ist das Ersatzhandtuch staubig. Kein Wunder, es hatte schließlich seit mindestens drei Jahren Bereitschaft, irgendwo in einer gottverlassenen Ecke. Braves Handtuch.
06:00 Uhr
Nach wie vor werden Wolken einfach umgestülpt und Windböen treiben ein lustiges Richtungswechselspiel mit den weiten vollen Schwällen. Handtuchrolle 2 ist inzwischen gänzlich staubfrei und durchgeweicht zur Badewanne abtransportiert worden, ein Riesensaunabadetuch wurde soeben zu Handtuchrolle 3 gerollt und mit dem Fensterrahmen verdengelt. Pumpi pumpt.
06:05 Uhr
Pumpi pumpt immer noch. Nicht gut. Hat sich wohl während der langen Dürreperiode irgendwas verhängt. Muß ich mir ansehen, wenn es hell wird.
06:10 Uhr
Pumpi pumpt. Das ganze Haus vibriert. (Nein, wir machen jetzt keine Vibratorspäße.) Der Sturm heult, grollt, tost, dröhnt, der Regen hämmert, trommelt, brettert, schlägt, ballert, wummert – bei dem Krach kann kein Mensch schlafen!
06:20 Uhr
Mein Kopf dröhnt. Die Ohren fangen bestimmt bald an zu bluten. Pumpi ist jetzt offensichtlich über der Wasseroberfläche und schnarrt und scheppert zusätzlich noch. Wie habe ich das gleich das letzte Mal repariert? Es ist ein Wunder, daß mein Gehirn in dieser Kakophonie überhaupt noch Einsatzwillen zeigt, aber es erinnert sich – wir hatten einen Schrubber und einen langen Metallgrillspieß im Einsatz. Bald wird es hell.
07:15 Uhr
Des Menschen Schlafbedürfnis ist eine starke Kraft, ich bin tatsächlich eingenickt. Aber nur so lange, bis das Handy neben mir mit einem ekelhaften Geräusch einen “Flash Flood Alert” für meine Gegend meldet. Okay, okay, ich habe verstanden. Dann stehe ich halt auf und informiere mich in den “local news”. Von wegen. Kein Internet. Kennt man ja, San Bruno Cable ist ein eher stümperhafter Provider. Also wie immer: Router neu starten und dann sollte das in drei Minuten kein Thema mehr sein. Pumpi eiert und quietscht inzwischen zum Steinerweichen. Gleich.
07:18 Uhr
Immer noch kein Internet. Was ist nun wieder? Steht die Leitung bei San Bruno Cable unter Wasser? Auszuschließen ist das nicht, die haben ihr Büro oben am Camino. Or is it? Ich habe einen Verdacht.
07:35 Uhr
Regensachen anziehen und dann klettere ich auf Franciscos Leiter zum Verteilerkästchen außen an der Südwand des Hauses. Yup. Das seltsame Plastikschüsselchen, in dem der Stecker wohnt, durch den das Kabel läuft, um zu seinem in die Hauswand gebohrten Loch zu kommen, steht voll Wasser. Behutsam zur Seite drehen, ausleeren, alles trockentupfen. Wieder rein, drinnen Router neu starten. Wieder raus, und dem Plastikdingele eine Art Hütchen mit Regenrinnenablauf aufsetzen – aus Alufolie selbst gebastelt. Ich häng dann mal die nassen Klamotten ins Bad.
07:50 Uhr
Jawoll! Wieder online. Und immer noch Strom und Heizung. So weit, so gut. Einen schnellen Kaffee und dann wieder in die Regenklamotten, Pumpi reparieren.
08:10 Uhr
Mit MagLite, Grillspieß und Schrubber bewaffnet, entferne ich gaaanz vorsichtig das inzwischen doch schon sehr morsche Absperrgitter und schaue mir die Bescherung an. Überall um mich ist Wasser, vorne, hinten, oben, unten, links, rechts, auch diagonal, nur Pumpi kreischt im Schlamm. Ach Pumpi, du Dummerle, wo hast du denn deinen Schwimmer wieder hingesteckt? Aber kein Problem, ich bin Pumpenarzt und Schwimmerspezialist, dich kriegen wir wieder hin. Ein-, zwei Mal gestochert – da isser ja! Man sollte nicht glauben, wie nützlich so ein Schrubber ist: ich biege den Draht leicht nach Norden und Pumpi stellt ihr Schmerzgejaule umgehend ein. Ich muß im Laufe der nächsten 20 Minuten auch nur noch drei Mal rausrennen und mit dem Grillspieß gegen die Aufhängung klopfen (gewußt wo!) und schon schnurrt Pumpi wieder wie eine satte Katze.
Im Laufe des Vormittags hat der Wind genug geblasen und läßt es wieder sein, der Regen hingegen findet Gefallen am Fallen und es sieht nicht aus, als wolle er je wieder aufhören. Was solls? Ich sitze (nunmehr zum 2. Mal an diesem Tag komplett umgezogen) im Warmen und Trockenen, habe Strom und Internet und kann fleißig WFH (“work from home”).
* Die Presse nennt ihn “Super Soaker”; das bedeutet sinngemäß “Dicker Durchweicher”. Voll aufgeladen.
** Because The Weather Channel winter storm naming criteria specify a minimum threshold of 2 million people or 400,000 square kilometers affected by weather that meets winter storm warning or blizzard warning criteria, this storm will not be named.
