Fee Erbsblüte mit knatschbunten Flatterflügeln auf dem Rücken und signalpinken Glitterflitterfusseln auf dem Kopf, eine Südseeschönheit mit langer lackschwarzer Mähne im feuerroten Fransenminikleid, ein Hexchen mit Azubispitzhütchen auf dem praktischen Haarreif (sitzt wie angenagelt und rutscht nicht. nie), ein muskulöser Mensch im gestreiften Baseball-Hemd**, zwei weniger muskulöse in schwarz-orangenen T-Shirts, davon Harold auch mit passender Schirmmütze. Wo ich bin? Wo wohl? In der Physiotherapiepraxis natürlich. An Halloweennachmittag, wo man Patienten an den Turnhosen erkennt.
Heute ist ein großer Tag, denn wenn ich ordentlich vorturne und Laura alle meine neuen bzw. wiedererlangten Fähigkeiten ebenso superspitzenklassegroßartigawesome findet wie ich, dann werde ich offiziell entlassen. “Discharge” gehört hier genauso zum medizinischen Protokoll wie beim Militär. Treppensteigen? Nicht übel. Beinpressen an der Pilates-Maschine. Zu leicht, brauche ich nimmer zu machen. “But tabs”, eine Art vereinfachter Kniebeugen. Ja, jein, nein. Noch nicht gut genug. “Clam shells” (Muschelhälften – dabei liegt der Patient mit angewinkelten Beinen auf der Seite und hebt und senkt das obenliegende Bein bei streng zusammengedrückten Füßen). Viel zu einfach, vom Trainingsplan gestrichen. Brücken? Ja, okay, fein, machen oder lassen, wurscht. Das geht ja einfach, denke ich. Da ist die Entlassung allenfalls noch Formsache.
Ich Depp! Ich hätte wissen können, daß dieser Frau, die Torquemada zu den Weicheiern unter ihren Vorfahren zählt, immer noch irgendeine Gemeinheit einfällt. Wir probieren dies, dann das, dann jenes. Nichts davon klappt auf Anhieb und wenn doch, dann nur unter allergrößter Anstrengung und weh tut es auch. Laura steht daneben und grinst. Ob ich mir vielleicht gedacht hätte, daß wir zwei schon miteinander fertig seien? Ich kann gerade mal noch keuchen, und dann erwartet diese Foltermagd ernsthaft, daß ich auf eine rhetorische Frage antworte?
“You’re good but not good enough” lautet das abschließende Urteil und heute wird das nix mit dem Entlassen. Weihnachten sei mein nächstes Nahziel; sie sei zuversichtlich, daß wir bis dahin auch die kurzen, faulen und passive Muskeln auf Vordermann gebracht haben werden. Und als Motivationshilfe bekomme ich zwei Gymnastikbandschleiferl geschenkt, schon passend vorgeknotet für die Hausaufgaben. Den Fortschritt würde ich dann schon erkennen. An den Muskekatern. Hrrrrgggnnn!
Nix Discharge. Wieder ins Geschirr. Das hatte ich mir aber anders vorgestellt. Ganz anders.
* Ich weiß den deutsche Fachbegriff nicht; hier bedeutet Redeployment, daß ein Soldat seinen nächsten Marschbefehlt bekommt. Nix Discharge und Heimgehen.
** Das ist natürlich meine Laura. Ich kriege nie eine Fee…