Dieser Tage habe ich gelesen, daß nur in einem Drittel aller amerikanischen Haushalte mehr als drei Mal in der Woche eine Mahlzeit zubereitet wird. So gesehen brauche ich mich nicht zu wundern, daß alle drei Menschen, die vor mir in der Schlange der Feinkostabteilung anstehen, sich ein Sandwich machen lassen. Ich tus aber trotzdem. Was genau ist so schwer daran, auf eine Scheibe weißes (wheat) oder gräuliches (rye) Weichstbrot ein paar Scheiben Putenbrust, ein paar Scheiben Käse (es ist immer Pute, nur die Käsefarben wechseln) und gegebenenfalls noch einen Tomatenschnitz oder ein Salatblatt oder eine saure Gurke zu türmen, das ganze mit einer entsprechenden Schwesterscheibe Brot zu abzudecken und diagonal (wichtig!) durchzuschneiden? Rechtfertigt wirklich der Umstand, daß man jemandem hinter der Theke Anweisungen erteilen kann wie “Käse soll unten liegen” oder “Tomate in der Mitte” oder “Salat zweimal durchschneiden”, daß man dafür wesentlich mehr bezahlt als die Summe der Einzelteile? (Alles eben mitgehört.)
Mir wurscht. Ich bin endlich dran und Jose, mein neuer Kumpel von der Kühltheke greift schon vorausschauend nach der Schnittbrottüte. Nein, Jose. Ich möchte nicht. Ich hätte hingegen gerne ein halbes Pfund vom Original Schweizer Emmenthaler, gaaaaanz dünn aufgeschnitten bitte. Jose gräbt den Käseleib unter den bunten Amikäsen hervor, säbelt ein paar Probescheibchen ab und drückt sie mir auf einem Papier in die Hand. So dünn? Ist das recht? Ich schau’s mir an an, bin zufrieden und will ihm das Papier zum Weiterdraufschneiden zurückgeben. Nicht doch, bedeutet er mir. Essen soll ich. Und auch hiervon. Und gibt mir mehr Papier, dieses Mal mit Putenbrust drauf. (Truthähne haben hierzulande Brustkörbe wie Preisboxer und die zwei Riesenscheiben wiegen cirka ein halbes Pfund.) Ob ich auch noch Brot? Oder ein Gürkchen? (Das ist aber nett, denke ich. Ich habe zwar abgenommen, aber sehe ich wirklich schon so verhungert aus?) No gracias, mucho appreciado, quetsche ich mit vollen Backen kauend hervor. Hach, und Spanisch kann sie auch noch… Jose schneidet und schneidet, ich kann bis hier sehen, daß das weit mehr ist als ein halbes Pfund. Dann kommt er nach vorn und wiegt, bis er auf 226g kommt (ein Pfund sind in Amerika 454g), druckt einen Bon aus und packt mir freudestrahlend den Rest mit obendrauf. Das ist aber wirklich nett! Nochmal gracias und no mas für heute.
Schade, meint er. Ich soll doch am Samstag wiederkommen. Da hat er ganz viele feine Sachen für mich und außerdem um 1:00 Uhr aus.