It’s a life

Ich habe immer noch keinen Fernseher. Auch und gerade nach viereinhalb Jahren in den USA und meist zur völligen Fassungslosigkeit meiner amerikanischen Bekannten, die in der Frage gipfelt: “Und was machst du abends?” Bis ihnen vermeintlich die Ursache klar wird – “You must be using NetfliX” – und, wenn ich auch das verneine, als einzige Erklärung bleibt, daß ich ja aus Europa komme und damit jedes Recht habe, ein wenig wunderlich zu sein.

Ich weiß schon, ohne Fernsehgerät beraube ich mich Sternstunden medialen Schaffens wie

  • “Best Funeral Ever” (Bestattungsunternehmen in Dallas, das Party-Begräbnisse organisiert)
  • “Amish Mafia” (“Law and Order” auf pazifistisch)
  • “Toddlers & Tiaras” (auf model-nuttig getrimmte Kleinstkinder; jetzt mit eigenem Spin-off: “Here Comes Honey Boo Boo”)
  • “Ax Men” (richtig: es geht um Holzfäller)
  • “Who’s Your Daddy” (eine lustige Game-Show, in der inzwischen herangewachsene Adoptivkinder aus einer Gruppe von 25 Männern den herausfinden sollen, der ihr biologischer Vater ist)
  • “Bridalplasty” (wo 12 Frauen darum kämpfen, ihre Traumhochzeit zu gewinnen, inklusive eines “full-body makeover” und im Bedarfsfall Schönheits-OPs)
  • “Redneck Island” (eine Art Dschungelcamp mit eher konservativen Bürgern aus den Südstaaten)

sowie Geisterjägern aller Couleur, “Real Houswives” aus jedem Bundesstaat, sämtlicher Talentshows (Singen, Tanzen, Laufsteglaufen…) und ich habe keine Ahnung, was gerade bei der B-C-D-Prominenz los ist (“Keeping up with the Kardashians”, inzwischen in der 7. Staffel).

Schlimm.

Och nö, eigentlich nicht. Ich kann lesen, sogar in zwei Sprachen. Und die Rosinen (hierzulande sind das Kirschen “cherry picking”) im Fernsehschaffen herauspicken, sowas wie Dexter, Homeland, Treme, Boardwalk Empire, Archer, Community etc.). Oder ins Kino/Museum/Theater gehen oder – die Tage werden schon wieder länger – im Garten werkeln. Darüber hinaus habe ich noch lange nicht alles von Kalifornien gesehen (geschweige denn vom Rest Amerikas).

Sie sollen sich mal nicht so sehr um mich sorgen, ich kann empirisch belegen, daß ein gutes Leben ohne Fernseher möglich ist. Und ohne Mikrowelle. Und ohne Spülmaschine und sogar ohne Wäschetrockner. (Wobei letztens meine Wäscheleine draußen witterungsbedingt den Geist aufgegeben hat, und Ersatz wahrhaftig nur bei Amazon zu beschaffen war.)

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