Der Novovesky tritt jetzt solo auf (s. https://flockblog.de/?p=36792). Das muss man sich so vorstellen, dass auf der Bühne des mittelgut besetzen Vereinsheims ein junger Mann mit einer erratischen Persönlichkeit und anger issues (Stichwort: Leichtbenzin) aus seinem Leben erzählt.
Man muss sich nicht wundern, dass er ist, wie er ist. Hinter ihm liegt eine harte Jugend in den Neunzigern des letzten Jahrtausends in Ostösterreich (ein schönes Wort für einen arg zurückgebliebenen Landstrich). Er ist der hmmm, sagen wir mal eigenartige Sohn des Leichenbestatters und hat einen einzigen besten Freund innerhalb der Dorfjugend. Dieser, Sohn des Schweinezüchters, der, wie er, mit einem ausländisch klingenden Nachnamen geschlagen ist und zu schweinepoetischen Sentenzen neigt (wie Bauernkalender, nur schlimmer). Aushilfspostboten neigten damals wegen der fremdartigen Namen zu Verwechslungen, so dass Schweineschlachthälften ab und an im Haushalt der Pompfüneberer zum Surhaxl gerieten und nebenan fehlgeleitete Kupfersärge zu Schweinetrögen (wesentlich langlebiger als die gängigen Modelle aus Holz). Später ist er aus der tiefdunklen Provinz ins lichte Wien geflohen und betreibt dort nun eine Karriere als aufstrebender junger Künstler, arm und unbeweibt. Dabei sucht er doch nur wen “zum Schmusen”, wäre aber auch dem Koitus nicht abgeneigt (keine Meldungen aus dem Publikum).
Und so erzählt er bzw. läßt seine Bühnenpersona G’schichterln erzählen. Über den Zusammenhang zwischen Körperhygiene und Demokratie (“weniger waschen, mehr lesen!”), das Leiden des Single am Verrecken der Spülmaschine, die großen Söhne alleinerziehende Mütter (Novovesky, Hitler, Stalin, Pinochet). Erstaunlich häufig kommt Religion vor, nicht zuletzt die Frage “war Gott eigentlich besoffen, als er charakterlich fehlgeschöpfte Menschen schuf?”. Das ist alles sehr lustig und stimmig und macht Spaß.
Drum ist es umso bedauerlicher, dass in der letzten Viertelstunde ein wenig die Luft rausgeht. Warum einer, der im allgemeinen sofort mit Brandstiftung reagiert, auf einmal vegane Mitkunden und freiheitlich erziehende Eltern auf dem Biosupermarktplatz bloß mit Eiern bewirft? Das ist zwar für wirklich lustige Veganerbeschimpfungen gut, aber auch der erste Bruch in der Figur. Es folgen ein paar wohlfeile Diktatorenbeschimpfungen und das ist schade: diese Figur müßte dergleichen Schurken preisen, nicht schimpfen. Dann: Nebenhöhlenkomik. Ich weiß nicht, wie ein Publikum beschaffen sein muss, das die Schleimklumpenrotznummer in ihrer Gesamtlänge belacht. Ich habs einfach nicht so mit Körperflüssigkeitenkabarett. Sonst habe ich aber, siehe oben, nix zu meckern.
Wie ich aus gut unterrichteter Quelle höre (Regisseurin Rothmüller), ist der Termin für die Proben für das zweite Soloprogramm nächstes Jahr schon ausg’macht. Ja dann schauma im Spätherbst 2020 doch amoi, was draus geworden ist. Wer dieses Mal nicht dabei war, hats für heuer nämlich verpaßt. Selber schuld.