Unter meiner Fußmatte lugt ein Umschlag hervor. Uiii, denke ich, ein Brief? Ein heimlicher Verehrer gar? Oder hatte Greisin Lyn von nebenan einen ihrer Um-Himmels-Willen-wo-war-denn-gleich-Sabines-Briefkasten-Senior-Moments? Ist der Aushilfsbriefträger mangelhaft geschult? Nein. Absender ist die Abteilung “Background Investigations” des San Francisco Police Department.
Gulp. Als, wenn auch “Legal” Alien weiß man ja nie, ob die Staatsgewalt es gut mit einem meint. Aber ignorieren hilft auch nicht, also mutig das Kuvert geöffnet und gelesen, daß es gar nicht um mich geht, sondern um einen jungen Mann namens Mariano Flores. Der wohnt in meiner Straße, ein paar Häuser weiter, die genaue Anschrift ist angegeben. Außerdem möchte er Polizist werden und die Polizei will nun von mir wissen, ob ich was weiß. Zum Beispiel, ob ich den Mann kenne und mit ihm und/oder seiner Familie regelmäßig verkehre. Wenn ich ihn kennen sollte, erwarten sie eine Persönlichkeitsbeschreibung sowie Charakteranalyse und außerdem alle Angaben zu seiner Person, die ich sonst noch für wichtig halte (“other characteristics that you think appropriate to mention”). Im nächsten Absatz gehts um sein Verhältnis zur Nachbarschaft und ob es schon mal Beschwerden von mir oder anderen gab, über das Haus, in dem er wohnt (“applicant’s residence”), zum Beispiel wegen Parties, lautem Lärm oder sonstigen Störungen der öffentlichen Ordnung. Nächste Frage: Habe ich schon mal gesehen oder gehört, daß es in dem Haus einen Polizeieinsatz gab? (Jetzt mal ernsthaft: sollten die das nicht in ihren Unterlagen haben? Statt nachbarschaftliches Hörensagen nachzufragen?) Bonusfrage, für den Spitzel in uns allen: Habe ich das Gefühl, daß es andere Leute gibt, die mehr über den wissen? (“Are there any other persons whom you feel may have additional information concerning the applicant?”)
Bitte flott ausfüllen, eine Nichtteilnahme verstößt gegen das öffentliche Interesse. (“This process serves the best interest of the public, the Police Department and the applicant involved and must not be ignored.”) Fehlt gerade noch, daß der Satz mit “or else” (“sonst kannst du was erleben”) endet.
Selbst wenn ich den Mann kennen täte: No soy Blockwart!
* Tips und Tricks zur Gründung eines Nachbarschaftsüberwachungsvereins, selbstverständlich bewaffnet, findet man hier: http://bit.ly/1iGB895