Voll Zug

In unserem Businesspark haben sie letzten Herbst die Klimaanlage auf zentralgesteuert modernisiert und den Mietern damit jede Möglichkeit genommen, selbst am Thermostat zu drehen, um die ihnen angenehme Raumtemperatur herzustellen. Wir müssen jetzt erst online eine “Workorder” ausfüllen und warten, bis die so lange ignoriert wird, daß ich doch wieder in deren Büro eine mündliche Beschwerde vortrage.

Seit letzter Woche heizen sie unseren Großraum jede Nacht auf eine gemütliche Temperatur hoch und sobald gegen 09:00 Uhr alle Mitarbeiter anwesend sind, blasen sie uns mit sibirischen Eiswinden nieder. Ich habe den ganzen Winter über draußen nicht so warme Klamotten getragen wie jetzt im Frühling drinnen beim Arbeiten.

Natürlich habe ich Kältesensibelchen mir einen Zug geholt und seit Tagen ein steifes Genick. Das mag ich nicht und trage darum zur Linderung die bekannteste hiesige Heilsalbe* auf meinen armen bewegungslosen Nacken auf. Und jedes Mal, wenn ich schmiere, grüble ich aufs Neue: wie kriegen die deutschen Pillendreher es hin, daß ihre Einreibemittelchen fast geruchsfrei daherkommen und warum muß man in Amerika auf einen Kilometer, ach was sag’ ich, eine Meile gegen den Wind nach Kampfer stinken? (Und das wohlgemerkt aus der Tube mit dem Verschwindeduft (“Vanishing Scent”).

Ich kanns mir nur so erklären, daß hier die Antwort auf die Frage “How are you?” verpflichtend “Good / Awesome / Splendid / All peachy” und dergleichen ist, weil es einem aus Prinzip gar nicht schlecht gehen darf. Da hilft die allseits wohlbekannte Duftnote “Rückenleiden” doch sehr, um dem Gegenüber eine Mitleidsbezeugung zu entlocken.

* Bengay, ist die verhumbatzelte Version des Erfindernamen, Dr. Jules Bengué. Bis 1995 unter dem Namen Ben-Gay im Verkauf, aber jetzt nimmer.

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