1000 x Nebel

Die übliche morgendliche Hetze, Rechner in den Rucksack, Autobonbons, Stock und Schlüssel greifen, Tür auf – und einen Sprung rückwärts machen: drei Zentimeter vor mir steht Greisin Lyn von nebenan. Sie gräme sich, teilt sie mit. Das, Lyn, tut mir leid, aber ich müßte dann auch los, wegen erwerbstätig und so. Aber, insistiert sie, es sei doch geradezu unglaublich. Und so peinlich! Also gut, resigniere ich, was ist los? Ja, das da, deutet sie mit weiter Geste auf die Umgebung. Geradezu unglaublich, oder? Die Straße und das Auto sind feucht, und ob man das bißchen Restluftfeuchtigkeit Nieselchen oder Tiefnebel nennen mag, ist doch eigentlich wurscht. Nein, ist es nicht. Es ist peinlich. Regen. Im Juni. In Kalifornien. What must you think? Ist ja gut, Lynnie, ich wars nicht und ich muß jetzt wirklich los und ich verspreche mit Ganz Großem Pfadfinderinnenehrenwort, daß ich deswegen nicht wegziehe.

Abends auf dem Heimweg ist es dann wirklich krass. Ich fahre die letzten paar Meilen in einem Tunnel, im Rückspiegel sonnige Landschaften, vorne Nebel, rechts Nebel, links Nebel, oben Nebel. Keine Hügel, kein Himmel, kein San Francisco mehr. Also wie immer im Juni/Juli, wenn die kurzbehosten Sandalen-Touristen sich in den Souvenirgeschäften schlotternd mit warmen Fliesjacken gegen den San Franziskaner Sommer* eindecken. Wirklich wie immer: alles, was aus dem Norden Richtung Peninsula fährt, hat Scheinwerfer, teilweise sogar Nebelscheinwerfer an. Aus dem Süden kommend geht höchstens jedem Dritten ein Licht auf.

Werte Wettermacher, ich habe am Freitag frei und mir eine Freundin zum Lunch inklusive Konversation und Obst pflücken eingeladen – das und das Wasserspratzeln am Samstag hätte ich gerne mild temperiert mit Sonne. Ansonsten darf es gerne regnen.

 

* Das hiesige Äquivalent zur Schafskälte, nur länger.

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