Welcome to Sodom

Mittagessen; im Restaurant-Fernseher laufen Nachrichten. Erste und wichtigste Meldung: Präsident Obamas Gesundheitsreform ist vom Obersten Gerichtshof für verfassungskonform erklärt worden. Gerade jetzt im Wahlkampf ist das ein wichtiger Sieg der Demokraten über die Republikaner. Ein Herr am Nebentisch wirft sein Besteck auf den Teller und beginnt zu stänkern. Mit dieser Entscheidung sei der Untergang Amerikas nun endgültig besiegelt, Obama habe dem Einfall der sozialistischen Horden Tür und Tor sperrangelweit aufgerissen und noch eine blumenverzierte Einladung obendrauf gepackt. Während er noch böse über „Obamacare“ herzieht, wird im Fernsehen über die Ergebnisse einer Umfrage berichtet, wonach junge Amerikaner das Leben in der Großstadt einem Leben in der Vorstadt vorziehen. Zum ersten Mal seit 100 Jahren. Das ist natürlich Wasser auf seinen Mühlen. Da sehe man es doch überdeutlich: Obamas Politik trage die Schuld daran, daß die Jugend den „American Dream“ verrate, den Traum von Familie und Eigenheim („Fääääämilli and Homeownership“).

Mal ganz davon abgesehen, daß der Trend in allen Industrienationen zu neuen, von Familienbanden losgelösten Formen des Zusammenlebens geht, sollte man meinen, daß die Eigener-Herd-ist-Goldes-wert-Doktrin hierzulande spätestens in der letzten Bankenkrise ad  absurdum geführt wurde (und wesentlich mehr Schaden angerichtet hat als der Einzug einer ganzen Generation in städtische Mietwohnungen).

Und was hat der Mann nun von all seinem Geschimpfe? Sein Essen ist kalt, sein Magengeschwür gereizt und sein Blutdruck in dramatische Höhen gestiegen. Und alles nur, weil Amerika sich ein Millimeterchen Richtung einer etwas sozialeren Gesellschaft bewegt hat?

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