Es ist schon eigenartig in diesem eigenartigen Jahr, als einer von den wenigen gemäß Hygienekonzept erlaubten Menschen im Publikum in einem entkernten Theater zu sitzen und beim Zuschauen zu kontemplieren, ob das, was ich da gerade sehe, in der Nachbetrachtung das Risiko einer Ansteckung wert gewesen sein würde. Hmmm.
Fairerweise muß man sagen: es geht die ganze Zeit ums Kranksein. Das befördert dergleichen Gedanken. Und der fürchterliche plüschbemantelte Jammerlappen Argan, “Argi” für seine Freunde (Felix von Manteuffel, hach!) legt gleich noch einmal ordentlich einen drauf. Er will leiden. Nur Leiden, Kranksein, elend sein, läßt ihn Mittelpunkt sein, Sonne eines Leiduniversums. Anders als Molière läßt PeterLicht seinen Narzissten (auch ein gräßliches Phänomen dieses eigenartigen Jahres, dass ich die ganze Zeit an Trump denken musste) schließlich darin verrecken.
Andreas Auerbachs Bühne ist ein groteskes Panoptikum, bevölkert von grotesk kostümierten und häufig maskierten Typen aus dem Leidenuniversum (der “Crew”). Argans Entourage, bestehend aus Gattin, Tochter, Bruder, Sekretärin, Sekretärinnengeliebtem, Arzt und Notar, zeigen das Systemische der Krankheit. Alle leiden mit, genauso, wie sie mit profitieren.

Für mich war die dauernde Beschallung, plus Video, plus Schauspiel plus viel Gerenne, Geklettere, Geschehen auf mehreren Ebenen Overkill – zuviel Effekt ohne wirklichen Sinn.
Trotzdem: es war neu, anders und ein würdiger Abschluss meines Theater-Oktobers. Möge es auch im November noch möglich sein, Schauspiel zu sehen.